Discussion:
OWi wegen Muellentsorgung (Pappkarton)
(zu alt für eine Antwort)
Andreas Hermann
2021-04-26 16:11:06 UTC
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Guten Abend, alle zusammen!

Ein Freund von mir hat einen unfreundlichen Brief vom Ordnungsamt der
Nachbarstadt bekommen. Ihm wird zur Last gelegt, im November einen
Pappkarton "unsachgemäß" entsorgt zu haben. Konkret wurde dieser Karton
neben einem Papiercontainer ~10km von seinem Wohnort gefunden.
"Überführt" (O-Ton des Mannes im Ordnungsamt am Telefon) wurde er durch
den Adressaufkleber auf dem Karton. Zeugen oder dgl. gibt es nicht, nur
die Aussage eines Beamten, der den Karton gesehen haben will.

Was wahrscheinlich passiert ist:
Besagter Freund hat ein Kleingewerbe für Beschallung, Licht, Partys
etc. (geht so in den Bereich DJ). Da kommen viele Geräte per
Post/GLS/UPS etc. In der Nähe des genannten Containers wohnt seine Ex,
von der er sich im September getrennt hat (kann ich bezeugen). Der
Papiercontainer liegt auf dem Weg zu den Eltern der Ex. Vermutlich hat
er in dem Karton mal etwas zu seiner Ex transportiert und der Karton
ist dann bei ihr im Keller geblieben. Sie wollte den Karton
(wahrscheinlich auch anderen Papiermüll) entsorgen und weil der
Container voll war, ist ein Teil daneben gelandet. Natürlich haben wir
bei der Ex mal angefragt, ob sie das möglicherweise war. Sie war empört
bis fast histerisch, wie man ihr so etwas unterstellen könnte.

Für meine Begriffe ist die Beweislage etwas dünn, als dass hier
wirklich ein Bußgeld gerechtfertigt wäre. Seht Ihr das auch so? Was
wäre eine gute Reaktion? Auf dem begefügten Bogen könnte er natürlich
einfach etwas in der Richtung von "Die Tat wird bestritten." schreiben,
vielleicht noch mit dem Hinweis, dass er keinen Grund hat, so weit zu
fahren für die Entsorgung eines einfachen Pappkartons. Meiner Meinung
nach ist er durch den Adressaufkleber nicht automatisch "überführt".

Die Trennung von der Ex war nicht ganz einfach. Die Eltern und sie
haben nicht verstanden, warum sich ein Mann überhaupt von dieser quasi
perfekten Frau trennen würde - außerdem wurden die Hochzeitspläne der
Mutter durchkreuzt. Es ist damals viel böses Blut geflossen (auch in
meine Richtung, weil ich der beste Freund bin). Das ist für die OWi
komplett irrelevant, aber der Grund, warum er gerne die Ex aus der
Sache rauslassen würde. Wenn das Ordnungsamt da anklopft, würde ein
kleiner Shitstorm aufziehen, auf den keiner so wirklich Bock hat.
Anders gesagt: Muss er eine Erklärung dafür abgeben, warum der Karton
da gelandet sein könnte? Ich weiß, dass die Hürde für die Beweislast
bei OWis niedriger ist als im Strafrecht, aber ich habe da kein
wirkliches Gefühl für.

Vielen Dank für's Lesen und viele Grüße!
Andi
Thomas Homilius
2021-04-26 16:49:07 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Die Trennung von der Ex war nicht ganz einfach.
Am Samstag, den 24 April 2021 habe ich mich bei
<https://bumble.com/> angemeldet. Das ist vielleicht auch ein Tipp fuer
deinen Freund:

<https://imgur.com/gallery/NHzqpf6>
<https://imgur.com/a/NHzqpf6>


Zur illegalen Muellentsorgung: Dein Freund sollte von Anfang an dem
Ordnungsamt den Sachverahlt aus seiner Sicht darlegen, so gibt es keinen
Bussgeldbescheid gegen den er Einspruch einlegen muss. Nicht einfach
reinschreiben, dass man den Vorgang bestreitet, sondern auch eine
Begruendung liefern, z.B. dass seine Kartons auch von anderen benutzt
wurden.
--
Thomas Homilius
E-Mail: ***@gmail.com | PGP-Key: 0xA5AD0637441E286F
https://imgur.com/a/0qEQqvO
http://paypal.me/ThomasHomilius
Thomas Hochstein
2021-04-26 21:37:51 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Zeugen oder dgl. gibt es nicht, nur
die Aussage eines Beamten, der den Karton gesehen haben will.
Ein Beamter, der bezeugen kann, dass sich der Karton mit dem besagten
Adressaufkleber zum Zeitpunkt X am Ort Y befunden hat, ist - die
Formulierung legt es bereits nahe - ein Zeuge.
Post by Andreas Hermann
In der Nähe des genannten Containers wohnt seine Ex,
von der er sich im September getrennt hat (kann ich bezeugen). Der
Papiercontainer liegt auf dem Weg zu den Eltern der Ex. Vermutlich hat
er in dem Karton mal etwas zu seiner Ex transportiert und der Karton
ist dann bei ihr im Keller geblieben.
Wenn er sich im September getrennt hat, erklärt das eher nicht die
Ablage des Kartons im November - es sei denn, dieser wurde bereits vor
dem September versandt.
Post by Andreas Hermann
Sie wollte den Karton
(wahrscheinlich auch anderen Papiermüll) entsorgen und weil der
Container voll war, ist ein Teil daneben gelandet. Natürlich haben wir
bei der Ex mal angefragt, ob sie das möglicherweise war. Sie war empört
bis fast histerisch, wie man ihr so etwas unterstellen könnte.
Nun, das kann man natürlich so vorbringen, dann kann die Ex-Freundin
als Zeugin gehört werden.
Post by Andreas Hermann
Auf dem begefügten Bogen könnte er natürlich
einfach etwas in der Richtung von "Die Tat wird bestritten." schreiben,
vielleicht noch mit dem Hinweis, dass er keinen Grund hat, so weit zu
fahren für die Entsorgung eines einfachen Pappkartons. Meiner Meinung
nach ist er durch den Adressaufkleber nicht automatisch "überführt".
Das mag sein. Das bloße Bestreiten wird vermutlich zu einem
Bußgeldbescheid führen.
Post by Andreas Hermann
Anders gesagt: Muss er eine Erklärung dafür abgeben, warum der Karton
da gelandet sein könnte?
Er muss ich als Betroffener gar nicht äußern.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Stefan Schmitz
2021-04-27 08:19:51 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Andreas Hermann
Zeugen oder dgl. gibt es nicht, nur
die Aussage eines Beamten, der den Karton gesehen haben will.
Ein Beamter, der bezeugen kann, dass sich der Karton mit dem besagten
Adressaufkleber zum Zeitpunkt X am Ort Y befunden hat, ist - die
Formulierung legt es bereits nahe - ein Zeuge.
Aber nicht dafür, dass der Adressat den Karton illegal entsorgt hat.
Es könnte sogar sein, dass den jemand aus dem Container herausgeholt hat.
Post by Thomas Hochstein
Post by Andreas Hermann
In der Nähe des genannten Containers wohnt seine Ex,
von der er sich im September getrennt hat (kann ich bezeugen). Der
Papiercontainer liegt auf dem Weg zu den Eltern der Ex. Vermutlich hat
er in dem Karton mal etwas zu seiner Ex transportiert und der Karton
ist dann bei ihr im Keller geblieben.
Wenn er sich im September getrennt hat, erklärt das eher nicht die
Ablage des Kartons im November - es sei denn, dieser wurde bereits vor
dem September versandt.
Vermutlich deutlich vorher. Nur, wenn der Karton in zeitlicher Nähe zum
Versand auftaucht, halte ich es für naheliegend, dass den der Empfänger
dort entsorgt hat. Ansonsten werden Kartons gern mal weiterverwendet,
auch von anderen.

Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Dann weiß ich jetzt, wie ich risikolos illegal Müll entsorgen kann.
Frank Hucklenbroich
2021-04-27 08:43:36 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Von "in die Landschaft werfen" war im OP keine Rede, der Karton stand neben
dem (vermutlich vollen) Papiercontainer.

Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den Karton
ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum sich wegen so
einer Lappalie jemand die Mühe macht, Fotos zu erstellen und eine Anzeige
anzuschieben, die tendentiell wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Ich meine, das ist jetzt kein Kühlschrank oder Kanister Altöl im Wald,
sondern ein Pappkarton neben einem Papiercontainer. Daraus einen
Kriminalfall zu konstruieren, überrascht mich etwas.

Grüße,

Frank
Stefan Schmitz
2021-04-27 09:42:26 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Stefan Schmitz
Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Von "in die Landschaft werfen" war im OP keine Rede, der Karton stand neben
dem (vermutlich vollen) Papiercontainer.
Ich habe den Fall so modifiziert, dass das Bußgeld wahrscheinlicher wird.
Post by Frank Hucklenbroich
Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den Karton
ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum sich wegen so
Was nicht reinpasst, darf man nicht einfach danebenstellen. Eigentlich
muss man es wieder mitnehmen und anderweitig legal entsorgen. Unsaubere
Containerstandplätze ziehen weiteren Müll magisch an.
Post by Frank Hucklenbroich
einer Lappalie jemand die Mühe macht, Fotos zu erstellen und eine Anzeige
anzuschieben, die tendentiell wenig Aussicht auf Erfolg hat.
Ich meine, das ist jetzt kein Kühlschrank oder Kanister Altöl im Wald,
sondern ein Pappkarton neben einem Papiercontainer. Daraus einen
Kriminalfall zu konstruieren, überrascht mich etwas.
Das fand ich auch befremdlich. Zumal man erst 5 Monate später damit ankommt.

In Zeitungsmeldungen über illegale Müllentsorgung habe ich schon öfter
gelesen, dass in diesem Müll nach Papier gesucht wird, das Hinweise auf
den Entsorger geben kann.
Denkbar wäre in diesem Fall, dass es gar nicht um den Karton an sich
geht, sondern darin üblere Dinge steckten. Oder dass die Mülldetektive
so selten Hinweise finden, dass sie sich um so energischer um diese
Lappalie gekümmert haben. Oder dass sie den Kartonabsteller als
Wegbereiter für allen weiteren Müll mitverantwortlich machen.
(Nach einer Weile halte ich es jetzt für am wahrscheinlichsten, dass da
ziemlich viel Müll rumlag und sie annehmen, dass einiges davon vom
Kartonbesitzer stammt.)
HC Ahlmann
2021-04-27 16:36:40 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Frank Hucklenbroich
Post by Stefan Schmitz
Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Von "in die Landschaft werfen" war im OP keine Rede, der Karton stand neben
dem (vermutlich vollen) Papiercontainer.
Ich habe den Fall so modifiziert, dass das Bußgeld wahrscheinlicher wird.
Post by Frank Hucklenbroich
Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den Karton
ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum sich wegen so
Was nicht reinpasst, darf man nicht einfach danebenstellen.
Es kommt darauf an. Hierzustadt sollen Kartons gebündelt neben volle
Papiertonnen gestellt werden:
| Gebündelte Großkartonagen können Sie neben Ihre Papiertonne stellen.
| Sie dürfen ein Gesamtmaß von 100 x 50 x 50 cm nicht überschreiten,
| damit unsere fleißigen Müllwerker sie noch tragen können. Gefüllte
| Kartons sind von der Abfuhr ausgeschlossen.
<https://www.rsag.de/richtig-entsorgen/abfalltrennung-im-rhein-sieg-kreis/papier>

Der Knackpunkt ist, dass ein Bündel auf einen Blick als aus Pappe
bestehend erkannt wird, aber ein geschlossener Karton beliebiges
enthalten kann.
--
Munterbleiben
HC
Stefan Schmitz
2021-04-27 16:52:59 UTC
Permalink
Post by HC Ahlmann
Post by Stefan Schmitz
Post by Frank Hucklenbroich
Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den Karton
ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum sich wegen so
Was nicht reinpasst, darf man nicht einfach danebenstellen.
Es kommt darauf an. Hierzustadt sollen Kartons gebündelt neben volle
| Gebündelte Großkartonagen können Sie neben Ihre Papiertonne stellen.
| Sie dürfen ein Gesamtmaß von 100 x 50 x 50 cm nicht überschreiten,
| damit unsere fleißigen Müllwerker sie noch tragen können. Gefüllte
| Kartons sind von der Abfuhr ausgeschlossen.
<https://www.rsag.de/richtig-entsorgen/abfalltrennung-im-rhein-sieg-kreis/papier>
Das betrifft das eigene Grundstück. Das kann eh keine OWi sein.
HC Ahlmann
2021-04-28 06:23:19 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by HC Ahlmann
Post by Stefan Schmitz
Post by Frank Hucklenbroich
Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den Karton
ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum sich wegen so
Was nicht reinpasst, darf man nicht einfach danebenstellen.
Es kommt darauf an. Hierzustadt sollen Kartons gebündelt neben volle
| Gebündelte Großkartonagen können Sie neben Ihre Papiertonne stellen.
| Sie dürfen ein Gesamtmaß von 100 x 50 x 50 cm nicht überschreiten,
| damit unsere fleißigen Müllwerker sie noch tragen können. Gefüllte
| Kartons sind von der Abfuhr ausgeschlossen.
<https://www.rsag.de/richtig-entsorgen/abfalltrennung-im-rhein-sieg-krei
s/papier>
Post by Stefan Schmitz
Das betrifft das eigene Grundstück. Das kann eh keine OWi sein.
Das betrifft die eigenen Papiertonnen, die zur Abholung auf die
öffentliche Straße gestellt werden und die Kartonbündel stützen, denn
hierzustadt holt weder die Müllabfuhr die Tonnenheraus noch gibt es
Papiersammelcontainer (nur Glas, Altkleidung).
--
Munterbleiben
HC
Andreas Hermann
2021-04-27 15:17:23 UTC
Permalink
On Tue, 27 Apr 2021 11:42:26 +0200
Post by Stefan Schmitz
Post by Frank Hucklenbroich
Ich meine, das ist jetzt kein Kühlschrank oder Kanister Altöl im
Wald, sondern ein Pappkarton neben einem Papiercontainer. Daraus
einen Kriminalfall zu konstruieren, überrascht mich etwas.
Das fand ich auch befremdlich. Zumal man erst 5 Monate später damit ankommt.
Wahrscheinlich war das Ordnungsamt vorher damit beschäftigt, die
Corona-Knöllchen zu vergeben. Die waren lukrativer... :-/
Post by Stefan Schmitz
Denkbar wäre in diesem Fall, dass es gar nicht um den Karton an sich
geht, sondern darin üblere Dinge steckten. Oder dass die
Mülldetektive so selten Hinweise finden, dass sie sich um so
energischer um diese Lappalie gekümmert haben. Oder dass sie den
Kartonabsteller als Wegbereiter für allen weiteren Müll
mitverantwortlich machen. (Nach einer Weile halte ich es jetzt für am
wahrscheinlichsten, dass da ziemlich viel Müll rumlag und sie
annehmen, dass einiges davon vom Kartonbesitzer stammt.)
Ich habe in einem anderen Post das Schreiben zitiert. Da wird genau der
Pappkarton genannt und nichts anderes. Ich denke mal, wenn in dem
Karton noch ein Behältnis mit Altöl und eine kleine Dose Plutonium
gewesen wären, wäre das in dem Anhörungsbogen aufgeführt worden.
Vermutlich wäre das Schreiben aber dann nicht vom Ordnungsamt
gekommen. :-P

Grüße,
Andi
Thomas Hochstein
2021-04-29 20:46:44 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
On Tue, 27 Apr 2021 11:42:26 +0200
Post by Stefan Schmitz
Das fand ich auch befremdlich. Zumal man erst 5 Monate später damit ankommt.
Außerhalb des Straßenverkehrs tritt Verfolgungsverjährung frühesten
nach sechs Monaten ein. Eine Anhörung nach fünf Monaten unterbricht
die Verjährung und ist daher rechtzeitig.
Post by Andreas Hermann
Wahrscheinlich war das Ordnungsamt vorher damit beschäftigt, die
Corona-Knöllchen zu vergeben. Die waren lukrativer... :-/
Sie werden v.a. auch eine höhere Bedeutung haben.

Möglicherweise hat der betreffende Fachbereich auch bislang wenig
Erfahrungen mit Bußgeldverfahren. Im Ordnungswidrigkeitenrecht stehen
Behörden nicht selten vor der Schwierigkeit, dass die Fachbehörden
nichts vom Bußgeldverfahren verstehen und die Bußgeldstelle wenig von
der Fachthematik.

-thh
Thomas Hochstein
2021-04-28 06:45:57 UTC
Permalink
Daraus einen Kriminalfall zu konstruieren, überrascht mich etwas.
Es ist kein Kriminalfall, sondern ein Bußgeldverfahren.
Andreas Hermann
2021-04-27 15:11:46 UTC
Permalink
On Tue, 27 Apr 2021 10:43:36 +0200
Post by Frank Hucklenbroich
Da würde ich mich sowieso fragen, inwiefern es eine Owi wäre, den
Karton ordentlich neben dem vollen Container abzustellen, und warum
sich wegen so einer Lappalie jemand die Mühe macht, Fotos zu
erstellen und eine Anzeige anzuschieben, die tendentiell wenig
Aussicht auf Erfolg hat.
Es ist tatsächlich verboten, Sachen neben vollen Containern
abzustellen. Man soll sie wieder nach Hause nehmen und es an einem
anderen Tag oder einem anderen Container versuchen. Hinter diese
Vorschrift haben sich Städte und Gemeinden versteckt, die viel zu
geringe Kapazitäten für Glas und Altpapier angeboten haben. Es sieht
aber zugegeben nicht besonders hübsch aus, wenn um einen Container
haufenweise Müll rumsteht.

So wie das hier beschrieben wurde bislang, scheint die Stadt ziemlich
große Chancen zu haben. Ich hatte sogar den Eindruck, als müsste
mein Freund seine Unschuld beweisen, damit der Bußgeldbescheid
nicht erlassen wird. Klar, kann sich jeder gegen ein Bußgeld wehren.
Aber da die Stadt kein Prozesskostenrisiko hat (oder sich zumindest
nicht daran juckt), der Bürger aber schon, ist der Vorteil klar
erkennbar.
Post by Frank Hucklenbroich
Ich meine, das ist jetzt kein Kühlschrank oder Kanister Altöl im Wald,
sondern ein Pappkarton neben einem Papiercontainer. Daraus einen
Kriminalfall zu konstruieren, überrascht mich etwas.
Ein Kriminalfall ist daraus ja nicht geworden. Der wäre im Vergleich
doch fast spannend - und da müsste die Stadt echte Beweise auf den
Tisch legen.

Vergiss nicht, Leute beim Ordnungsamt kennen vorwiegend einen Satz: Das
ist Vorschrift, da hat sich jeder dran zu halten. Deshalb lachen doch
immer alle so, wenn ein Bürgermeister ankündigt, die Ordnungshüter
würden "mit Fingerspitzengefühl" vorgehen (wie z.B. jetzt bei der
Ausgangssperre).

Grüße,
Andi
Thomas Hochstein
2021-04-28 06:45:57 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Ein Beamter, der bezeugen kann, dass sich der Karton mit dem besagten
Adressaufkleber zum Zeitpunkt X am Ort Y befunden hat, ist - die
Formulierung legt es bereits nahe - ein Zeuge.
Aber nicht dafür, dass der Adressat den Karton illegal entsorgt hat.
Freilich nicht.
Post by Stefan Schmitz
Es könnte sogar sein, dass den jemand aus dem Container herausgeholt hat.
Fast alles ist denkbar, vieles ist möglich.
Post by Stefan Schmitz
Vermutlich deutlich vorher. Nur, wenn der Karton in zeitlicher Nähe zum
Versand auftaucht, halte ich es für naheliegend, dass den der Empfänger
dort entsorgt hat. Ansonsten werden Kartons gern mal weiterverwendet,
auch von anderen.
Kann sein, muss aber nicht sein.
Post by Stefan Schmitz
Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Das werden wir vielleicht erfahren, wenn uns der OP auf dem Laufenden
hält.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Stefan Schmitz
2021-04-28 09:08:29 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Ein Beamter, der bezeugen kann, dass sich der Karton mit dem besagten
Adressaufkleber zum Zeitpunkt X am Ort Y befunden hat, ist - die
Formulierung legt es bereits nahe - ein Zeuge.
Aber nicht dafür, dass der Adressat den Karton illegal entsorgt hat.
Freilich nicht.
Post by Stefan Schmitz
Es könnte sogar sein, dass den jemand aus dem Container herausgeholt hat.
Fast alles ist denkbar, vieles ist möglich.
Post by Stefan Schmitz
Vermutlich deutlich vorher. Nur, wenn der Karton in zeitlicher Nähe zum
Versand auftaucht, halte ich es für naheliegend, dass den der Empfänger
dort entsorgt hat. Ansonsten werden Kartons gern mal weiterverwendet,
auch von anderen.
Kann sein, muss aber nicht sein.
Post by Stefan Schmitz
Reicht es wirklich, aus jemandes Altpapier einen Karton mit
Adressaufkleber zu nehmen und den in die Landschaft zu werfen, damit
derjenige ein Bußgeld bekommt, ohne sich mit Erfolgsaussicht dagegen
wehren zu können?
Das werden wir vielleicht erfahren, wenn uns der OP auf dem Laufenden
hält.
Ich hatte dein Vorposting so verstanden, dass dessen Freund schon gut
begründen müsse, wie der Karton ohne sein Zutun an den Auffindeort
kommen konnte.
In dem Fall mag die Argumentation mit der Ex ziehen. Ich habe das
Szenario deshalb dahingehend angepasst, dass man keinerlei Hinweis
darauf hat, wer der Übeltäter sein könnte, gleichwohl aber die eigene
Unschuld plausibel ist. Und da fände ich es höchst befremdlich, wenn die
Erklärung "den muss jemand aus meiner Altpapiertonne gefischt haben"
einfach als unbeachtliche Schutzbehauptung abgetan würde.
Thomas Hochstein
2021-04-29 20:46:44 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Ich hatte dein Vorposting so verstanden, dass dessen Freund schon gut
begründen müsse, wie der Karton ohne sein Zutun an den Auffindeort
kommen konnte.
Es erscheint mir auch naheliegend, dass man diese Erwartung hegen
wird.
Post by Stefan Schmitz
In dem Fall mag die Argumentation mit der Ex ziehen. Ich habe das
Szenario deshalb dahingehend angepasst, dass man keinerlei Hinweis
darauf hat, wer der Übeltäter sein könnte, gleichwohl aber die eigene
Unschuld plausibel ist. Und da fände ich es höchst befremdlich, wenn die
Erklärung "den muss jemand aus meiner Altpapiertonne gefischt haben"
einfach als unbeachtliche Schutzbehauptung abgetan würde.
Das kann durchaus passieren. Dass jemand Abfälle "wild" beseitigt, ist
Alltag; dass jemand Kartons - die zudem nicht zerlegt wurden - aus
einer Altpapiertonne fischt, ist bestenfalls selten und jedenfalls
fernliegend. Der Rest ist im Zweifel richterliche Beweiswürdigung.

-thh
Helmut Richter
2021-04-29 21:23:56 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Das kann durchaus passieren. Dass jemand Abfälle "wild" beseitigt, ist
Alltag; dass jemand Kartons - die zudem nicht zerlegt wurden - aus
einer Altpapiertonne fischt, ist bestenfalls selten und jedenfalls
fernliegend. Der Rest ist im Zweifel richterliche Beweiswürdigung.
Aber dass ein Karton nicht sofort zerlegt und zum Altpapier geworfen wird,
sondern für andere Zwecke weiterbenutzt, insbesondere auch zum Versand und
zur Übergabe von Gegenständen an andere Personen, ist so ungewöhnlich
nicht. Ich habe immer eine Anzahl Kartons zu diesem Zweck im Haus und
achte nicht darauf, dass die Adressaufkleber nicht nur durchgestrichen,
sondern sorgfältig entfernt werden muss. Hafte ich dann für die
ordnungsgemäße Entsorgung durch den Empfänger?
--
Helmut Richter
Frank Hucklenbroich
2021-04-30 06:56:24 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Post by Thomas Hochstein
Das kann durchaus passieren. Dass jemand Abfälle "wild" beseitigt, ist
Alltag; dass jemand Kartons - die zudem nicht zerlegt wurden - aus
einer Altpapiertonne fischt, ist bestenfalls selten und jedenfalls
fernliegend. Der Rest ist im Zweifel richterliche Beweiswürdigung.
Aber dass ein Karton nicht sofort zerlegt und zum Altpapier geworfen wird,
sondern für andere Zwecke weiterbenutzt, insbesondere auch zum Versand und
zur Übergabe von Gegenständen an andere Personen, ist so ungewöhnlich
nicht.
Weitergesponnen: Ich stelle einen alten Koffer von mir zum Sperrmüll (im
Koffer hatte ich vorher mal mit Edding meinen Namen notiert, falls der auf
Reisen mal verlustig geht), jemand kann den Koffer gebrauchen und nimmt ihn
mit. Später wird der Koffer dann mit ein paar Kilo Kokain drin am Flughafen
gefunden.

Und nu?

Grüße,

Frank
Stefan Schmitz
2021-04-30 07:11:12 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Weitergesponnen: Ich stelle einen alten Koffer von mir zum Sperrmüll (im
Koffer hatte ich vorher mal mit Edding meinen Namen notiert, falls der auf
Reisen mal verlustig geht), jemand kann den Koffer gebrauchen und nimmt ihn
mit. Später wird der Koffer dann mit ein paar Kilo Kokain drin am Flughafen
gefunden.
Und nu?
Bei dem Koffer weißt du im Gegensatz zu einem Karton, wann und wo du den
Besitz aufgegeben hast. Das sagst du dann bei der Polizei aus.
Thomas Hochstein
2021-04-30 17:37:57 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Aber dass ein Karton nicht sofort zerlegt und zum Altpapier geworfen wird,
sondern für andere Zwecke weiterbenutzt, insbesondere auch zum Versand und
zur Übergabe von Gegenständen an andere Personen, ist so ungewöhnlich
nicht.
Ja, das ist ein Argument; es spricht insbesondere für eine
unterschiedliche Bewertung von Kartons und - bspw. - Briefumschlägen.
Stefan Schmitz
2021-04-29 22:38:04 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Ich hatte dein Vorposting so verstanden, dass dessen Freund schon gut
begründen müsse, wie der Karton ohne sein Zutun an den Auffindeort
kommen konnte.
Es erscheint mir auch naheliegend, dass man diese Erwartung hegen
wird.
Post by Stefan Schmitz
In dem Fall mag die Argumentation mit der Ex ziehen. Ich habe das
Szenario deshalb dahingehend angepasst, dass man keinerlei Hinweis
darauf hat, wer der Übeltäter sein könnte, gleichwohl aber die eigene
Unschuld plausibel ist. Und da fände ich es höchst befremdlich, wenn die
Erklärung "den muss jemand aus meiner Altpapiertonne gefischt haben"
einfach als unbeachtliche Schutzbehauptung abgetan würde.
Das kann durchaus passieren. Dass jemand Abfälle "wild" beseitigt, ist
Alltag; dass jemand Kartons - die zudem nicht zerlegt wurden - aus
einer Altpapiertonne fischt, ist bestenfalls selten und jedenfalls
fernliegend.
In unserer Papiertonne finde ich regelmäßig mehrere unzerlegte Kartons
von Amazon & Co. Das ist sicher in vielen Mehrfamilienhäusern so.
Passende Formate habe ich mir schon gelegentlich rausgenommen.
Andreas Hermann
2021-04-28 14:26:09 UTC
Permalink
On Wed, 28 Apr 2021 08:45:57 +0200
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Aber nicht dafür, dass der Adressat den Karton illegal entsorgt hat.
Freilich nicht.
Fast alles ist denkbar, vieles ist möglich.
Kann sein, muss aber nicht sein.
Das werden wir vielleicht erfahren, wenn uns der OP auf dem Laufenden
hält.
Ich weiß, dass ich hier keinen Anspruch auf Hilfe oder eine
Einschätzung habe, also bitte nehmt mir das nicht übel! Ich antworte
hier nur stellvertretend, es richtet sich nicht primär an Dich, Thomas.

Dieses "könnte vielleicht möglicherweise sein und hängt ohnehin vom
Stuhlgang des Beamten am Morgen ab" ist für mich etwas befremdlich. Ich
habe offensichtlich keine große Ahnung von Jura, vielleicht sind die
Gepflogenheiten anders.

Mit dem Rat, es einfach auszuprobieren und dann hier in der Gruppe zu
sagen, wie es gelaufen ist, läuft auf "trial an error" hinaus. Da hätte
ich gar nicht hier nachfragen brauchen.

Ich hatte um eine Einschätzung gebeten, ob meinem Freund jetzt wirklich
ein Bußgeld (angedroht werden immerhin bis zu 500€) "Festgesetzt" wird
und er sich ggf. gerichtlich dagegen wehren muss.

Wie schon jemand anderes schrieb, ist der Karton mit dem
Adressaufkleber vielleicht noch ein Beweis dafür. dass besagter Karton
mal an den Empfänger geliefert wurde. Er sag aber nichts darüber aus,
*wer* den Karton jetzt neben den Papiersammelcontainer gestellt/gelegt
hat.

Ist die Hürde der Beweislast wirklich so niedrig, dass der Aufkleber
reicht? Natürlich kommt es nicht auf meine Meinung an, sondern auf die
eines Richters, wie jemand schon richtig schrieb. Doch sowohl der
Ordnungsbeamter als uch der Richter sind an Gesetze und Vorschriften
gebunden und können nicht einfach auf blauen Dunst hin entscheiden.
Dann gibt es vermutlich hier in der Gruppe Leute, die mit solchen
Sachen Erfahrungen haben.

Beste Grüße!
Andi
Stefan Schmitz
2021-04-28 14:46:39 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Dieses "könnte vielleicht möglicherweise sein und hängt ohnehin vom
Stuhlgang des Beamten am Morgen ab" ist für mich etwas befremdlich. Ich
habe offensichtlich keine große Ahnung von Jura, vielleicht sind die
Gepflogenheiten anders.
Mit dem Rat, es einfach auszuprobieren und dann hier in der Gruppe zu
sagen, wie es gelaufen ist, läuft auf "trial an error" hinaus. Da hätte
ich gar nicht hier nachfragen brauchen.
Ich hatte um eine Einschätzung gebeten, ob meinem Freund jetzt wirklich
ein Bußgeld (angedroht werden immerhin bis zu 500€) "Festgesetzt" wird
und er sich ggf. gerichtlich dagegen wehren muss.
Das Verhalten von Mitarbeitern des Ordnungsamts lässt sich nicht
zuverlässig prognostizieren. Das sind keine Juristen, die sich
regelmäßig über Änderungen der Rechtslage und die Rechtsprechung in
ihrem Gebiet weiterbilden. Nicht umsonst landen viele Verwaltungsakte
vor Gericht und werden dort oft auch aufgehoben.

Wer sich den Gang vor Gericht ersparen will, sollte so schlüssig
argumentieren, dass es schon den Sachbearbeiter überzeugt.
Thomas Hochstein
2021-04-29 20:46:44 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Ich hatte um eine Einschätzung gebeten, ob meinem Freund jetzt wirklich
ein Bußgeld (angedroht werden immerhin bis zu 500€) "Festgesetzt" wird
und er sich ggf. gerichtlich dagegen wehren muss.
Die Antwort darauf ist vierteilig.

1. Das Dürfen und Können

Die Rechtsberatung ist in Deutschland primär den rechtsberatenden
Berufen zugewiesen, die für ihre Einschätzung bezahlt werden und für
ihren Rat haften. Erlaubt ist der unentgeltliche Rechtsrat darüber
hinaus in erster Linie Volljuristen gestattet und denjenigen, die von
solchen angeleitet werden.

Es gibt - wenn überhaupt - hier nur noch sehr wenige Mitleser, die
diese Voraussetzung des rechtlichen Dürfens erfüllen. Ungeachtet der
Frage des Dürfens ist eine juristische Ausbildung und entsprechende
Praxiskenntnis aber in den meisten Fällen auch für eine sinnvolle
Bewertung des Sachverhalts erforderlich; in der Breite gilt daher
zumeist, dass wer nicht darf auch nicht kann. (Mit den üblichen
Ausnahmen derjenigen, die sich ein bestimmtes Interessensgebiet
fachlich erarbeitet haben und sich daher in diesem speziellen Bereich
so gut auskennen, dass sie die meisten Fragen auch beantworten
können.)

2. Das Wollen

Auch für denjenigen, der darf und grundsätzlich kann, ist die
Beantwortung einer Frage meistens mit Aufwand verbunden, wenn der
entsprechende Sachverhalt nicht zum täglichen Brot gehört; oft bedarf
es der Recherche, jedenfalls des Durchdenkens, ganz abgesehen davon,
dass oft wesentliche Informationen fehlen und erst erfragt werden
müssten. Das ist interessant, wenn die Frage interessant ist; Fragen
nach konkretem Rechtsrat sind es meistens nicht, so jedenfalls mein
Eindruck.

3. Die Akten- und Sachverhaltskenntnis

Eine auch nur einigermaßen fundierte, über Allgemeinplätze
hinausgehende Bewertung eines Sachverhalts erfordert die vollständige
Kenntnis der Sach- und Rechtslage, also in der Regel Kenntnis der
Verfahrensakten und ggf. darüber hinausgehende Kenntnis des
tatsächlichen Sachverhalts (und ggf. die Erarbeitung der Rechtslage,
wenn diese streitig ist). Ohne diese Kenntnis bleibt es üblicherweise
bei verschiedenen Varianten des "es kommt darauf an".

4. Vor Gericht und auf hoher See

Die abschließende Entscheidung einer Verwaltungsbehörde (im
Bußgeldverfahren bzw. im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft) oder
dann im gerichtlichen Verfahren des Gerichts lässt sich oft nicht mit
Sicherheit vorhersehen. Mit einiger Erfahrung und entweder Kenntnis
der Materie oder - am besten: und - der lokalen Üblichkeiten lässt
sich das Ergebnis abschätzen, aber sicher vorherzusagen ist es nur
sehr selten.

(Ergänzend: "bis zu 500 EUR" ist ja wirklich eine Bagatellnorm.
Bereits für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr droht der
Gesetzgeber "bis zu 2.000 EUR" an. Trotzdem kostet das Befahren einer
Einbahnstraße in falscher Richtung gerade einmal 50,- € (mit dem
Fahrrad noch weniger).)
Post by Andreas Hermann
Wie schon jemand anderes schrieb, ist der Karton mit dem
Adressaufkleber vielleicht noch ein Beweis dafür. dass besagter Karton
mal an den Empfänger geliefert wurde. Er sag aber nichts darüber aus,
*wer* den Karton jetzt neben den Papiersammelcontainer gestellt/gelegt
hat.
Das ist richtig, und auf diesen Standpunkt kann man sich stellen.

Man kann sich aber auch auf den Standpunkt stellen, dass ein solcher
Karton im Regelfall den Empfänger erreicht und es im Regelfall der
Empfänger ist, der ihn entsorgt und dass daher bei lebensnaher
Betrachtung nur der Empfänger als derjenige in Betracht kommt, der den
Karton dort abgelegt hat, jedenfalls so lange, wie er nicht
nachvollziehbar erklären kann, wie der Karton nach dort kommt.

Man kann jetzt spekulieren, welcher Ansicht eher zuzuneigen ist und
welche Erklärung im Zweifel "nachvollziehbar" ist. Man kann dann
überlegen, ob es sich lohnt, entsprechendes vorzubringen, um bereits
den Erlass eines Bußgeldbescheides zu vermeiden, oder ob man ggf. auch
das Einspruchsverfahren durchziehen will, mit den damit ggf.
verbundenen Kosten und Unnannehmlichkeiten. Man kann erwägen, ob es
besser ist, sich jetzt zu äußern (und ggf. wie), oder ob man das
besser erst später tut. Man kann überlegen, ob es sich lohnt,
Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, oder ob man dies ggf. erst später tun
will (spätestens für die Rechtsbeschwerde wäre es faktisch zwingend),
oder ob man ggf. einen Bußgeldbescheid oder ein Bußgeldurteil
akzeptieren würde.

Auf alle diese Fragen gibt es verschiedene Antworten, die man werten
und abwägen muss.
Post by Andreas Hermann
Ist die Hürde der Beweislast wirklich so niedrig, dass der Aufkleber
reicht?
Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass ein Adressaufkleber
alleine nie etwas beweist, weil es so viele andere Möglichkeiten gibt,
wie das Paket dorthin gelangt sein könnte. Man kann sich auf den
Standpunkt stellen, dass ein Adressaufkleber genügt, wenn die
sonstigen Umstände plausibel sind (einigermaßen zeitnah zur Lieferung,
nahe an der Wohnung oder an einer regelmäßig befahrenen Strecke). Man
kann sich auf den Standpunkt stellen, dass ein Adressaufkleber
grundsätzlich genügt, es sei denn, der Betroffene kann entlastende
Umstände vorbringen, die im Regelfall plausible Annahme, dass der
Empfänger einer Paketsendung derjenige ist, der die Umverpackung
entsorgt, entkräften. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass
dazu nur sehr überzeugende Umstände genügen (und bewegt sich dann
vermutlich am Rande des noch Vertretbaren). Man kann sich schließlich
auf den Standpunkt stellen, dass der Anscheinsbeweis durch den
Aufkleber praktisch nicht - allenfalls durch einen kompletten
Gegenbeweis - entkräftet werden kann (und dürfte dann eine
unvertretbare Auffassung haben).

Da es ja nun der von Dir geschilderte Fall nicht völlig selten sein
dürfte, wird man dazu Rechtsprechung finden oder Verwaltungspraxis
nachlesen können (oder, wenn man mit der Materie ein bißchen vertraut
ist, dann weiß man das einfach). Ohne das kann man nur spekulieren.

Und ja, ich halte es durchaus für möglich, dass zumindest die
Verwaltungsbehörde dem Adressaufkleber eine hohe Bedeutung beimisst,
und auch nicht für völlig ausgeschlossen, dass sich vielleicht am Ende
auch ein Bußgeldrichter davon überzeugen lässt.
Post by Andreas Hermann
Dann gibt es vermutlich hier in der Gruppe Leute, die mit solchen
Sachen Erfahrungen haben.
Möglich. Vielleicht melden die sich ja noch.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
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Stefan Ram
2021-04-29 22:30:45 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Die Rechtsberatung ist in Deutschland primär den rechtsberatenden
Berufen zugewiesen, die für ihre Einschätzung bezahlt werden und für
ihren Rat haften.
Die Klienten haften (und zahlen) - auch, wenn sie unschuldig
sind. Denn von den Zahlungen, die sie als Gegenleistung für
die Beratung leisten, ist ein großer Teil für die Haftschutz-
versicherung beziehungsweise das Haftungsrisiko. Für die
Anwälte ist dieses Risiko nur ein durchlaufender Posten.
Thomas Homilius
2021-04-30 04:58:26 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Die Rechtsberatung ist in Deutschland primär den rechtsberatenden
Berufen zugewiesen,
§ 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG
(3) Rechtsdienstleistung ist nicht:
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von
Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
--
Thomas Homilius
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Stefan Schmitz
2021-04-30 07:16:19 UTC
Permalink
Post by Thomas Homilius
Post by Thomas Hochstein
Die Rechtsberatung ist in Deutschland primär den rechtsberatenden
Berufen zugewiesen,
§ 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von
Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
Hm, dürfte diese in der Form von Diskussionen unter Laien stattfinden?
Thomas Hochstein
2021-04-30 16:34:32 UTC
Permalink
Post by Thomas Homilius
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von
Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
Das betrifft die allgemeine Darstellung von Rechtsfragen, auch anhand
eines Beispielfalles, nicht aber die Erörterung eines konkreten
Einzelfalles [1], insbesondere nicht, wenn es nicht um die Rechtslage
an sich, sondern um konkreten Handlungsempfehlungen geht. Das betrifft
zum Beispiel die Schilderung individueller Fälle in
Zeitschriftenrubriken, denen sich kein verallgemeinerungsfähiger
Inhalt entnehmen lässt, oder Telefonaktionen, bei denen Fragen an
Experten gestellt werden können. [2]

Die - im Zweifel zu verneinende - Frage, ob ein Forum oder eine
Newsgroup "Medien" in diesem Sinne sind, ist damit noch nicht einmal
angesprochen.

-thh

[1] Römermann in BeckOK-RDG, 17. Edition Stand 01.07.2019, § 2 Rn.
140.
[2] Vgl. für die Abgrenzungskriterien und weitere Beispiele z.B.
Krenzler, Rechtsdienstleistungsgesetz, 2. Auflage 2017, § 2 Rn. 250
ff.
Stefan Schmitz
2021-04-30 17:50:46 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Thomas Homilius
5. die an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von
Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien,
Das betrifft die allgemeine Darstellung von Rechtsfragen, auch anhand
eines Beispielfalles, nicht aber die Erörterung eines konkreten
Einzelfalles [1],
"Rechtsfälle" klingt aber sehr nach konkreten Einzelfällen.
Post by Thomas Hochstein
insbesondere nicht, wenn es nicht um die Rechtslage
an sich, sondern um konkreten Handlungsempfehlungen geht.
Konkrete Handlungsempfehlungen sind ja auch nicht an die Allgemeinheit
gerichtet.
Post by Thomas Hochstein
Das betrifft
zum Beispiel die Schilderung individueller Fälle in
Zeitschriftenrubriken, denen sich kein verallgemeinerungsfähiger
Inhalt entnehmen lässt, oder Telefonaktionen, bei denen Fragen an
Experten gestellt werden können. [2]
Aus welcher Fallschilderung lässt sich kein verallgemeinerungsfähiger
Inhalt entnehmen?

Andreas Hermann
2021-04-27 14:59:43 UTC
Permalink
On Mon, 26 Apr 2021 23:37:51 +0200
Post by Thomas Hochstein
Post by Andreas Hermann
Zeugen oder dgl. gibt es nicht, nur
die Aussage eines Beamten, der den Karton gesehen haben will.
Ein Beamter, der bezeugen kann, dass sich der Karton mit dem besagten
Adressaufkleber zum Zeitpunkt X am Ort Y befunden hat, ist - die
Formulierung legt es bereits nahe - ein Zeuge.
Ich gebe Dir da vollkommen recht. Jetzt kommt das "aber". :-)

Der ganze Anschreiben ist ausgesprochen vage ausgedrückt. Zu hohe
Erwartungen darf man an unsere Behörden nicht stellen, aber für meine
Begriffe ist dieser Wisch (trotz seiner zwei Seiten) echt mager.

Es wurde z.B. in dem Schreiben gar nicht erklärt, dass nur der Karton
gefunden wurde. Sondern da steht: Ihnen wird zur Last gelegt,
mitgeteilt am $DATUM, Müll, in Form eines Pappkarton[1], nicht
ordnungsgemäß entsorgt zu haben. Mitgeteilt wurde dies durch
Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadt $STADT.

Am Telefon hat er erst erfahren, dass der Karton mit Aufkleber
vor/neben dem Papiercontainer gesehen wurde.
Post by Thomas Hochstein
Wenn er sich im September getrennt hat, erklärt das eher nicht die
Ablage des Kartons im November - es sei denn, dieser wurde bereits vor
dem September versandt.
Die Logik kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen. Ich versuche mich
jetzt mal klarer auszudrücken. Die Kiste stammt sehr wahrscheinlich aus
der Zeit von April 2020 oder davor.

Da viele von den Geräten/Ersatzteile, die er geliefert bekam (derzeit
ist ja Flaute in dem Bereich), ziemlich schwer sind, werden sie in
Kartons verschickt, in denen z.B. auch Autoteile verschickt werden:
sehr stabile zwei- bis dreiwandige Pappkartons[2]. Diese werden gerne
weiterbenutzt, weil sie so stabil sind.

Mein Freund ist Anfang 20, hat den ersten Lockdown (also den in
2020) und etliche Zeit danach viel bei seiner Freundin gewohnt. Da hat
er mit Sicherheit auch einige Sachen von seinem Elternhaus mitgebracht.
Vielleicht hat sie die Kiste auch benutzt, um (damals) Sachen von ihren
Eltern mitzubringen. Offensichtlich ist die Kiste nach der Trennung
dann bei ihr geblieben.
Post by Thomas Hochstein
Das mag sein. Das bloße Bestreiten wird vermutlich zu einem
Bußgeldbescheid führen.
Warum denn? Wie sieht denn da die Beweislast aus? Es ist ja nicht nur
das möglich, was wir für wahrscheinlich halten. Auch möglich (und auch
nicht unwahrscheinlich) ist, dass sie die Kiste ordnungsgemäß in den
Container gelegt hat. Als dann der nächste kam, war im Container zu
wenig Platz für seinen Papiermüll und diese Person hat dann den Karton
aus dem Container gezogen und auf den Boden geworfen. Es kommt auch gar
nicht so selten vor, dass Papiercontainer nach Schreiben durchsucht
werden, um an persönliche Daten zu kommen. Ob die dann alles wieder
ordentlich in den Container legen, ist fraglich.

Ist die Anschuldigung hier schon fast der Beweis? Der Karton war da,
das kann man als bewiesen ansehen. Dass der ursprüngliche Empfänger ihn
dort abgelegt hat, ist aber für meine Begriffe damit nicht geklärt.
Post by Thomas Hochstein
Er muss ich als Betroffener gar nicht äußern.
Wenn er dieses Bußgeld nicht zahlen will, wird ihm Schweigen wohl nicht
viel bringen...

Beste Grüße!
Andi

[1] Ja, da fehlt wirklich das 's'.
[2] Beispiel:
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Thomas Hochstein
2021-04-29 20:46:44 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Der ganze Anschreiben ist ausgesprochen vage ausgedrückt. Zu hohe
Erwartungen darf man an unsere Behörden nicht stellen, aber für meine
Begriffe ist dieser Wisch (trotz seiner zwei Seiten) echt mager.
Es wird sich ja scheinbar um einen Anhörungsbogen handeln.
Post by Andreas Hermann
Es wurde z.B. in dem Schreiben gar nicht erklärt, dass nur der Karton
gefunden wurde. Sondern da steht: Ihnen wird zur Last gelegt,
mitgeteilt am $DATUM, Müll, in Form eines Pappkarton[1], nicht
ordnungsgemäß entsorgt zu haben. Mitgeteilt wurde dies durch
Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadt $STADT.
Ja, genau: Darstellung des Tatvorwurfs in Form einer Konkretisierung,
die Tatzeit und Tatort enthält und die für die Erfüllung des
gesetzlichen Tatbestands in objektiver und subjektiver Hinsicht
erforderlichen Sachverhaltselemente enthält; dann die Nennung der
entsprechenden Bußgeldnorm und Bezeichnung des Verstoßes; dann die
Nennung der Beweismittel. Das genügt; der Betroffene weiß dann ja, was
ihm vorgeworfen wird.

Die Anhörungsbögen sind in der Regel darüber hinaus softwareseitig
weitgehend standardisiert und sehen ähnlich aus; wer schon einmal
geblitzt wurde, wird sie kennen.
Post by Andreas Hermann
Am Telefon hat er erst erfahren, dass der Karton mit Aufkleber
vor/neben dem Papiercontainer gesehen wurde.
Das ist ja entgegenkommend. Auf telefonische Auskünfte besteht kein
Anspruch, sie werden - schon aus Gründen des Datenschutzes: es lässt
sich schwer prüfen, wer der Anrufer ist - auch oft nicht erteilt.
Ansonsten besteht nur ein Akteneinsichtsrecht aus § 49 OWiG.
Post by Andreas Hermann
Die Logik kann ich jetzt nicht ganz nachvollziehen. Ich versuche mich
jetzt mal klarer auszudrücken. Die Kiste stammt sehr wahrscheinlich aus
der Zeit von April 2020 oder davor.
Da viele von den Geräten/Ersatzteile, die er geliefert bekam (derzeit
ist ja Flaute in dem Bereich), ziemlich schwer sind, werden sie in
sehr stabile zwei- bis dreiwandige Pappkartons[2]. Diese werden gerne
weiterbenutzt, weil sie so stabil sind.
Mein Freund ist Anfang 20, hat den ersten Lockdown (also den in
2020) und etliche Zeit danach viel bei seiner Freundin gewohnt. Da hat
er mit Sicherheit auch einige Sachen von seinem Elternhaus mitgebracht.
Vielleicht hat sie die Kiste auch benutzt, um (damals) Sachen von ihren
Eltern mitzubringen. Offensichtlich ist die Kiste nach der Trennung
dann bei ihr geblieben.
Oder er hat ihr im November noch einige ihrer Sachen gebracht und dann
auf dem Rückweg die Kiste entsorgt. :)

Aber ja, das klingt doch plausibel und gut.
Post by Andreas Hermann
Post by Thomas Hochstein
Das mag sein. Das bloße Bestreiten wird vermutlich zu einem
Bußgeldbescheid führen.
Warum denn?
Weil "ich war das nicht" ohne nähere Erklärung den Sachbearbeiter
vermutlich nicht überzeugen wird, denn regelmäßig befindet sich ein
Paket bei seinem Empfänger, bis der es entsorgt.
Post by Andreas Hermann
Wie sieht denn da die Beweislast aus?
Wie im Bußgeld- und Strafrecht immer: die Verfolgungsbehörde muss zur
richterlichen Überzeugung nachweisen, dass der Betroffene oder
Beschuldigte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat.
Post by Andreas Hermann
Es ist ja nicht nur
das möglich, was wir für wahrscheinlich halten. Auch möglich (und auch
nicht unwahrscheinlich) ist, dass sie die Kiste ordnungsgemäß in den
Container gelegt hat. Als dann der nächste kam, war im Container zu
wenig Platz für seinen Papiermüll und diese Person hat dann den Karton
aus dem Container gezogen und auf den Boden geworfen. Es kommt auch gar
nicht so selten vor, dass Papiercontainer nach Schreiben durchsucht
werden, um an persönliche Daten zu kommen. Ob die dann alles wieder
ordentlich in den Container legen, ist fraglich.
Möglich ist vieles. Nur weil etwas möglich ist, muss das Gericht aber
nicht davon ausgehen, dass es auch so gewesen sein kann.

"Der Zweifelssatz gebietet es nicht etwa, zu Gunsten des Angeklagten
Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis
keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.;
[...]" (BGH, Urteil vom 17.07.2014 - 4 StR 129/14)
Post by Andreas Hermann
Ist die Anschuldigung hier schon fast der Beweis? Der Karton war da,
das kann man als bewiesen ansehen. Dass der ursprüngliche Empfänger ihn
dort abgelegt hat, ist aber für meine Begriffe damit nicht geklärt.
Wenn der ursprüngliche Empfänger sich nicht dazu äußert, kann die
Verwaltungsbehörde, kann auch das Gericht zu der Auffassung gelangen,
dass es er es gewesen ist.
Post by Andreas Hermann
Post by Thomas Hochstein
Er muss sich als Betroffener gar nicht äußern.
Wenn er dieses Bußgeld nicht zahlen will, wird ihm Schweigen wohl nicht
viel bringen...
Richtig.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Diedrich Ehlerding
2021-04-30 07:55:10 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Weil "ich war das nicht" ohne nähere Erklärung den Sachbearbeiter
vermutlich nicht überzeugen wird, denn regelmäßig befindet sich ein
Paket bei seinem Empfänger, bis der es entsorgt.
Oder eben, bis er es weiterverwendet oder weitergibt - Entsorgunmg ist
keineswegs der einzig mögliche Verbleibg für Pappkartons. Ich habe
durchaus schon Kartons, in denen mein Winzer mir Weinflaschen geliefert
hat, Freunden weitergegeben, die sie beim Umzug nbutzbringend verwenden
konnten. Ich habe Kartons auch weiterbenutzt ("recycelt", aber eben
nicht thermisch, sondern unveränert, so wie sie waren), wenn ich Pakete
verschickt habe.
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Stefan Schmitz
2021-04-30 08:37:49 UTC
Permalink
Post by Diedrich Ehlerding
Post by Thomas Hochstein
Weil "ich war das nicht" ohne nähere Erklärung den Sachbearbeiter
vermutlich nicht überzeugen wird, denn regelmäßig befindet sich ein
Paket bei seinem Empfänger, bis der es entsorgt.
Oder eben, bis er es weiterverwendet oder weitergibt - Entsorgunmg ist
keineswegs der einzig mögliche Verbleibg für Pappkartons. Ich habe
durchaus schon Kartons, in denen mein Winzer mir Weinflaschen geliefert
hat, Freunden weitergegeben, die sie beim Umzug nbutzbringend verwenden
konnten.
Den Adressaufkleber hast du und haben sie dabei draufgelassen?

In was für Kartons bekommst du denn Weinflaschen geliefert, dass die für
einen Umzug zu gebrauchen sind?
Post by Diedrich Ehlerding
Ich habe Kartons auch weiterbenutzt ("recycelt", aber eben
nicht thermisch, sondern unveränert, so wie sie waren), wenn ich Pakete
verschickt habe.
Auf solchen Kartons bist du dann aber nicht als Empfänger vermerkt.
Diedrich Ehlerding
2021-04-30 10:54:55 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Den Adressaufkleber hast du und haben sie dabei draufgelassen?
Wenn ich den Karton weitergegeben und nicht per Post verschickt habe:
Ja. Warum sollte ich den denn abmachen?
Post by Stefan Schmitz
In was für Kartons bekommst du denn Weinflaschen geliefert, dass die
für einen Umzug zu gebrauchen sind?
In Kartons für Kartons 12 Flaschen, jede Flasche mit einem
Wellpappezylinder umwickelt haben eine Größe, dass sie sich sehr gut als
Bücherkisten eignen - Bücher sind ansionsten, insbesondere bei einem
Umzug unter Freunden, so schwer, dass man größere Kartons höhstens zur
Hälfte füllen kann.
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Diedrich Ehlerding
2021-04-30 12:05:34 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Den Adressaufkleber hast du und haben sie dabei draufgelassen?
Wenn ich den Karton weitergegeben und nicht per Post verschickt habe:
Ja. Warum sollte ich den denn abmachen?
Post by Stefan Schmitz
In was für Kartons bekommst du denn Weinflaschen geliefert, dass die
für einen Umzug zu gebrauchen sind?
In Kartons für 12 Flaschen, jede Flasche mit einem
Wellpappezylinder umwickelt haben eine Größe, dass sie sich sehr gut als
Bücherkisten eignen - Bücher sind ansionsten, insbesondere bei einem
Umzug unter Freunden, so schwer, dass man größere Kartons höhstens zur
Hälfte füllen kann.
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Rupert Haselbeck
2021-04-30 09:39:30 UTC
Permalink
Post by Diedrich Ehlerding
Post by Thomas Hochstein
Weil "ich war das nicht" ohne nähere Erklärung den Sachbearbeiter
vermutlich nicht überzeugen wird, denn regelmäßig befindet sich ein
Paket bei seinem Empfänger, bis der es entsorgt.
Oder eben, bis er es weiterverwendet oder weitergibt - Entsorgunmg ist
keineswegs der einzig mögliche Verbleibg für Pappkartons. Ich habe
durchaus schon Kartons, in denen mein Winzer mir Weinflaschen geliefert
hat, Freunden weitergegeben, die sie beim Umzug nbutzbringend verwenden
konnten.
Meine Weinlieferungen kommen in eher kleinen Kartons mit je 6 Flaschen.
Die würde ich als Umzugskartons eher wenig praktisch finden.
Post by Diedrich Ehlerding
Ich habe Kartons auch weiterbenutzt ("recycelt", aber eben
nicht thermisch, sondern unveränert, so wie sie waren), wenn ich Pakete
verschickt habe.
Man könnte sich freilich noch allerlei weitere völlig überzeugende
Gründe einfallen lassen, wieso es sein kann, ja sein musste, dass
letztlich nur genau eine Adresse, die des Betroffenen, auf dem Karton zu
finden war, obgleich derjenige den Karton ganz bestimmt nicht einfach in
die Landschaft neben der Tonne geschmissen hat. Um wirklich überzeugend
zu sein, bedarf es dazu dann aber schon einer einigermaßen plausiblen
Story zum Hergang.
Irgendwem ist es sogar mal passiert, dass er, rein aus Versehen
natürlich, seine Tüte mit dem Hausmüll auf dem Autobahnparkplatz aus dem
Kofferraum holte und neben die vollen Abfalltonnen schmiss, obgleich er
diese Tüte "selbstverständlich, wie jeden Tag" zu Hause in die eigene
Tonne hatte stecken wollen. An die neu installierten Überwachungskameras
hatte er auch nicht gedacht...

MfG
Rupert
Martin Gerdes
2021-04-26 22:15:25 UTC
Permalink
Post by Andreas Hermann
Ein Freund von mir hat einen unfreundlichen Brief vom Ordnungsamt der
Nachbarstadt bekommen. Ihm wird zur Last gelegt, im November einen
Pappkarton "unsachgemäß" entsorgt zu haben. Konkret wurde dieser Karton
neben einem Papiercontainer ~10km von seinem Wohnort gefunden.
"Überführt" (O-Ton des Mannes im Ordnungsamt am Telefon) wurde er durch
den Adressaufkleber auf dem Karton. Zeugen oder dgl. gibt es nicht, nur
die Aussage eines Beamten, der den Karton gesehen haben will.
... der vielleicht ein Photo des Kartons gemacht hat.
Post by Andreas Hermann
Besagter Freund hat [sich von seiner Ex getrennt]
Der Papiercontainer liegt auf dem Weg zu den Eltern der Ex.
Natürlich haben wir bei der Ex mal angefragt, ob sie das möglicherweise
war.
Man kann eine solche Gelegenheit im Rosenkrieg schließlich nicht
ungenutzt verstreichen lassen!
Post by Andreas Hermann
Sie war empört bis fast hysterisch, wie man ihr so etwas unterstellen
könnte.
Damit wurde der erwünschte Effekt erzielt.
Post by Andreas Hermann
Für meine Begriffe ist die Beweislage etwas dünn
Allerdings ist Dein Begriff diesbezüglich irrelevant, im Gegensatz zum
Begriff des zuständigen Richters.
Post by Andreas Hermann
Die Trennung von der Ex war nicht ganz einfach.
Das ist für die OWi komplett irrelevant, aber der Grund, warum er
gerne die Ex aus der Sache rauslassen würde.
An dieser Stelle wäre ein Blick auf die Zahl auf dem amtlichen Schreiben
sinnvoll, gefolgt von der Überlegung, ob man das einfach zahlt und unter
Verlust bucht. Wenn man das nicht will, zieht man die Sache halt durch
und hat damit die Chance, das Bußgeld abzuwenden.

Erfahrungsgemäß rentieren sich Halbheiten in solcher Situation nicht:
Entweder gleich zahlen (finanzieller Schaden, kein Nervenverlust) oder
"kämpfen" (Chance, den finanziellen Schaden zu vermeiden, dafür Einsatz
von Zeit und Nerven). Die Halbheit verbindet die Nachteile beider Wege:
Man zahlt schließlich, nachdem man jede Menge Zeit und Nerven in die
Sache gesteckt hat.

Ich würde in dem Antwortbogen vermutlich schreiben, daß dieser
Papiercontainer nicht in meiner Wohnortnähe liegt, wohl aber in der Nähe
des Wohnorts meiner Verflossenen, die vor kurzem im Streit bei mir
ausgezogen ist, und daß ich davon ausgehe, daß sie bei ihrem Auszug in
diesem Karton irgendwelche Dinge mitgenommen hat.

Erfahrungsgemäß wird die Stadt das dann nicht akzeptieren. Dann hat Dein
Freund die Chance, zu "kämpfen" oder halt zu zahlen. Vermutlich würde
ich in diesem Fall zahlen, weil der Zeitaufwand für ein
Gerichtsverfahren (mit unsicherem Ausgang und unsicheren Kosten)
unverhältnismäßig wäre.

Your choice, oder besser gesagt: Your friend's choice.
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