Discussion:
Vollstreckung eines Schweizer Raser-Urteiles
(zu alt für eine Antwort)
Patrick Rudin
2018-03-28 11:01:39 UTC
Permalink
Ich wäre froh, wenn mir das hier mal jemand aufdröseln könnte:

2013 fuhr ein Deutscher in der Schweiz mit seinem BMW Z4 bis zu Tempo
200 über die Autobahn (Limit 120) und überholte im Gotthardtunnel (eine
Röhre, zwei Spuren, Gegenverkehr, Limit 80) mehrmals waghalsig.

Wesentlich ist Artikel 90 Absatz 3 (hier auch noch Absatz 4) des
Schweizer Strassenverkehrsgesetzes.

https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19580266/index.html#id-5

Der Artikel ist umstritten, weil Absatz 4 quasi automatisch Vorsatz
unterstellt. Das ist im hiesigen Fall aber durch die Überholerei eher
ein Nebenpunkt.

Nun wurde der Mann irgendwann im 2017 (in Abwesenheit) in der Schweiz zu
30 Monaten Freiheitsstrafe teilbedingt verurteilt: 12 Monate unbedingt,
18 Monate bedingt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Vollstreckungsverjährung beträgt hier (Freiheitsstrafen zwischen
einem und fünf Jahren) nach Schweizer Recht 15 Jahre. Könnte er also
ausserhalb der Schweiz abwarten.

Dann hat er aber noch ein wenig Öl ins Feuer gegossen, und unser
Inteligenzblatt greift das Thema immer wieder auf:

https://www.blick.ch/news/schweiz/gotthard/christian-r-42-bretterte-mit-200-km-h-durch-den-gotthard-ich-hatte-hunger-id6272661.html

Nun scheint die Vollstreckung in Deutschland ein Thema zu sein, ich habe
aber bislang wenig Details dazu gefunden.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.landgericht-stuttgart-gotthard-raser-muss-nicht-in-haft.ccf4c3c8-4442-489e-a897-6a636d1c8307.html

Nach langer Rede nun meine Frage: Ist auch exzessives Überholen in einem
Tunnel mit Gegenverkehr in Deutschland in jedem Fall lediglich eine
Ordnungswidrigkeit?


Grüsse

Patrick
Rupert Haselbeck
2018-03-28 17:30:12 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Nach langer Rede nun meine Frage: Ist auch exzessives Überholen in einem
Tunnel mit Gegenverkehr in Deutschland in jedem Fall lediglich eine
Ordnungswidrigkeit?
Solange zu dem beschriebenen Verhalten keine konkrete Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer kommt, wird das in der Regel (leider) so zu sehen sein

MfG
Rupert
Wolfgang Fieg
2018-03-28 21:50:47 UTC
Permalink
Post by Rupert Haselbeck
Post by Patrick Rudin
Nach langer Rede nun meine Frage: Ist auch exzessives Überholen in einem
Tunnel mit Gegenverkehr in Deutschland in jedem Fall lediglich eine
Ordnungswidrigkeit?
Solange zu dem beschriebenen Verhalten keine konkrete Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer kommt, wird das in der Regel (leider) so zu sehen sein
Einschlägig scheint das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957
zu sein. Danach kommt es nicht auf die Identität der Strafnormen,
sondern darauf an, ob die Tat nach dem Recht des Staates, der ausliefern
soll, eine Straftat ist. Zutreffend verlangt der deutsche § 315 c StGB
eine konkrete Gefährdung, der Art. 90 des schweizerischen
Straßenverkehrsgesetzes hingegen nicht. Darauf kommt es aber, wie
gesagt, nicht an. Wenn es bei der Tat eine konkrete Gefährdung gegeben
hat (und bei den Überholmanövwern im Gotthard-Tunnel ist da nicht ganz
unwahrscheinlich), dann könnte die Tat auch nach deutschem Recht
strafbar gewesen sein. Das Problem ist nur, dass das schweizerische
Strafurteil dazu nicht unbedingt Fetsstellungen enthalten muss, weil es
ja eben nach schweizerischem Recht für die Strafbarkeit darauf nicht
ankommt.

Wolfgang
Alexander Goetzenstein
2018-03-29 07:08:17 UTC
Permalink
Hallo,
Post by Wolfgang Fieg
Einschlägig scheint das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957
zu sein.
darf ein Deutscher überhaupt ins Ausland ausgeliefert werden?
--
Gruß
Alex
Wolfgang Fieg
2018-03-29 07:45:18 UTC
Permalink
Post by Alexander Goetzenstein
Hallo,
darf ein Deutscher überhaupt ins Ausland ausgeliefert werden?
Bis zum Jahr 2000 definitiv nicht, seit dem GG-Änderungsgesetz v.
29.11.200 (BGBl. I S. 1633) kann durch Gesetz die Auslieferung an einen
Mitgliedstaat der EU oder an einen internationalen Gerichtshof
zugelassen werden.

Wolfgang
Detlef Meißner
2018-03-29 08:12:47 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Fieg
Post by Alexander Goetzenstein
darf ein Deutscher überhaupt ins Ausland ausgeliefert werden?
Bis zum Jahr 2000 definitiv nicht, seit dem GG-Änderungsgesetz v.
29.11.200 (BGBl. I S. 1633) kann durch Gesetz die Auslieferung an einen
Mitgliedstaat der EU oder an einen internationalen Gerichtshof
zugelassen werden.
Nun ist aber die Schweiz nicht in der EU.

Detlef
Wolfgang Fieg
2018-03-29 10:43:37 UTC
Permalink
Post by Detlef Meißner
Nun ist aber die Schweiz nicht in der EU.
Und das ist gut so. Und wenn der Delinquent dann tatsächlich Deutscher
wäre, käme eine Auslieferung an die Schweiz nicht in Betracht.

Wolfgang
Mark Obrembalski
2018-03-29 18:25:38 UTC
Permalink
Post by Detlef Meißner
Post by Wolfgang Fieg
Post by Alexander Goetzenstein
darf ein Deutscher überhaupt ins Ausland ausgeliefert werden?
Bis zum Jahr 2000 definitiv nicht, seit dem GG-Änderungsgesetz v.
29.11.200 (BGBl. I S. 1633) kann durch Gesetz die Auslieferung an einen
Mitgliedstaat der EU oder an einen internationalen Gerichtshof
zugelassen werden.
Nun ist aber die Schweiz nicht in der EU.
Drum wollen die Schweizer Behörden ihn ja auch gar nicht ausgeliefert
haben, sondern in Deutschland einsperren lassen.

Gruß,
Mark
Detlef Meißner
2018-03-29 18:38:16 UTC
Permalink
Post by Mark Obrembalski
Post by Detlef Meißner
Post by Wolfgang Fieg
Post by Alexander Goetzenstein
darf ein Deutscher überhaupt ins Ausland ausgeliefert werden?
Bis zum Jahr 2000 definitiv nicht, seit dem GG-Änderungsgesetz v.
29.11.200 (BGBl. I S. 1633) kann durch Gesetz die Auslieferung an einen
Mitgliedstaat der EU oder an einen internationalen Gerichtshof
zugelassen werden.
Nun ist aber die Schweiz nicht in der EU.
Drum wollen die Schweizer Behörden ihn ja auch gar nicht ausgeliefert
haben, sondern in Deutschland einsperren lassen.
Ja, aber offensichtlich abgeurteilt nach Schweizer Recht.
Clever, spart eine Menge Geld.

Detlef
Patrick Rudin
2018-03-30 12:08:01 UTC
Permalink
Post by Detlef Meißner
Post by Mark Obrembalski
Drum wollen die Schweizer Behörden ihn ja auch gar nicht ausgeliefert
haben, sondern in Deutschland einsperren lassen.
Ja, aber offensichtlich abgeurteilt nach Schweizer Recht.
Clever, spart eine Menge Geld.
Nicht wirklich. 12 Monate netto (bei teilbedingt ist nix mit vorzeitiger
Entlassung beim unbedingten Teil) darf man in der Schweiz in
privilegierter Halbgefangenschaft absitzen, wenn man halbwegs integriert
ist, da muss man sich auch kräftig an den Kosten beteiligen. Nur die
Fussfessel liegt da in den meisten Kantonen nicht mehr drin, das
Bundesgericht hat diese Vollzugsform bei teilbedingten Strafen
eigentlich untersagt.

Muss man in Deutschland eine Freiheitsstrafe von netto 12 Monaten
tatsächlich ungeachtet der Umstände im regulären Strafvollzug absitzen?


Grüsse

Patrick
Detlef Meißner
2018-03-30 12:28:05 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Detlef Meißner
Post by Mark Obrembalski
Drum wollen die Schweizer Behörden ihn ja auch gar nicht ausgeliefert
haben, sondern in Deutschland einsperren lassen.
Ja, aber offensichtlich abgeurteilt nach Schweizer Recht.
Clever, spart eine Menge Geld.
Nicht wirklich. 12 Monate netto (bei teilbedingt ist nix mit vorzeitiger
Entlassung beim unbedingten Teil) darf man in der Schweiz in
privilegierter Halbgefangenschaft absitzen, wenn man halbwegs integriert
ist, da muss man sich auch kräftig an den Kosten beteiligen. Nur die
Fussfessel liegt da in den meisten Kantonen nicht mehr drin, das
Bundesgericht hat diese Vollzugsform bei teilbedingten Strafen
eigentlich untersagt.
Muss man in Deutschland eine Freiheitsstrafe von netto 12 Monaten
tatsächlich ungeachtet der Umstände im regulären Strafvollzug absitzen?
Nun, hängt wohl auch davon ab, wie man sich verhält.

Detlef
Bastian Blank
2018-03-30 13:06:43 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Muss man in Deutschland eine Freiheitsstrafe von netto 12 Monaten
tatsächlich ungeachtet der Umstände im regulären Strafvollzug absitzen?
Nicht. Eine Freiheitsstrafen bis 1 Jahr wird im Normalfall zur Bewährung
ausgesetzt. § 56 Abs 1 StPO. Sowas wie teilweise Aussetzung gibt es
nicht.

Bastian
Patrick Rudin
2018-03-30 19:14:27 UTC
Permalink
Post by Bastian Blank
Nicht. Eine Freiheitsstrafen bis 1 Jahr wird im Normalfall zur Bewährung
ausgesetzt
Ja, in der Schweiz explizit auch. Die üblichen Urteile nach neuer
Raserstrafnorm waren alle 12 Monate bedingt.

Meine Frage war aber, was für Vollzugsmöglichkeiten für eine unbedingte
Strafe von 12 Monaten in Deutschland konkret existieren.
Post by Bastian Blank
Sowas wie teilweise Aussetzung gibt es nicht.
Ich halte teilbedingt auch für unsinnig. Das war ein Entscheid des
Parlaments, die bisherige Grenze von 18 Monaten für bedingten
Strafvollzug nur teilweise zu erhöhen. Heute ist bis 24 Monate bedingt
möglich, zwischen 24 und 36 Monaten dann teilbedingt. Ab 36 Monaten dann
nur noch unbedingt, je nach Täter dann offener oder geschlossener
Normalvollzug.


Grüsse

Patrick
Mark Obrembalski
2018-03-30 19:50:20 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
12 Monate netto (bei teilbedingt ist nix mit vorzeitiger
Entlassung beim unbedingten Teil) darf man in der Schweiz in
privilegierter Halbgefangenschaft absitzen, wenn man halbwegs integriert
ist, da muss man sich auch kräftig an den Kosten beteiligen.
Was darf ich mir denn unter privilegierter Halbgefangenschaft vorstellen?
So etwas wie Hausarrest? Oder Freigang, d.h. draußen arbeiten und nach
der Arbeit brav in den Knast zurückgehen?
Post by Patrick Rudin
Muss man in Deutschland eine Freiheitsstrafe von netto 12 Monaten
tatsächlich ungeachtet der Umstände im regulären Strafvollzug absitzen?
Das Strafvollzugsrecht ist in Deutschland seit einiger Zeit Ländersache,
es kann da also regionale Unterschiede geben. Zumindest den Anfang der
Strafzeit wird man aber wohl überall ganz klassisch im Knast verbringen -
vor möglichen Lockerungen muss man ja erst mal schauen, was von dem
Neuankömmling zu halten ist. Aber das wird in der Schweiz nicht anders
sein, oder?

Gruß,
Mark
Wolfgang Fieg
2018-03-31 09:34:48 UTC
Permalink
Post by Mark Obrembalski
Das Strafvollzugsrecht ist in Deutschland seit einiger Zeit Ländersache,
es kann da also regionale Unterschiede geben. Zumindest den Anfang der
Strafzeit wird man aber wohl überall ganz klassisch im Knast verbringen -
vor möglichen Lockerungen muss man ja erst mal schauen, was von dem
Neuankömmling zu halten ist. ...
Auch nicht unbedingt. Im Saarland ist zwischenzeitlich der "offene
Vollzug" die gesetzliche Regelform des Vollzugs der Freiheitsstrafe, mit
der Folge, dass unjüngst ein Handwerksmeister vor dem
Verfassungsgerichtshof den offenen Vollzug für sich quasi vom ersten Tag
an erstritt, weil er ja seinen Betrieb weiterführen muss. (Dieses
Argument kann im Prinzip auch jeder Drogenhändler für sich in Anspruch
nehmen). Gleichzeitig wurde die Arbeitspflicht abgeschafft. Dem allem
liegen natürlich keine strafrechtstheoretischen oder rechtspolitischen
Erwägungen zugrunde, sondern schlicht finanzwirtschaftliche. Der
Strafvollzug soll halt möglichst nichts kosten.

Wolfgang
Mark Obrembalski
2018-04-02 16:41:10 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Fieg
Post by Mark Obrembalski
Das Strafvollzugsrecht ist in Deutschland seit einiger Zeit
Ländersache, es kann da also regionale Unterschiede geben. Zumindest
den Anfang der Strafzeit wird man aber wohl überall ganz klassisch im
Knast verbringen -
vor möglichen Lockerungen muss man ja erst mal schauen, was von dem
Neuankömmling zu halten ist. ...
Auch nicht unbedingt. Im Saarland ist zwischenzeitlich der "offene
Vollzug" die gesetzliche Regelform des Vollzugs der Freiheitsstrafe, mit
der Folge, dass unjüngst ein Handwerksmeister vor dem
Verfassungsgerichtshof den offenen Vollzug für sich quasi vom ersten Tag
an erstritt, weil er ja seinen Betrieb weiterführen muss.
Das klingt mir nun weiter erklärungsbedürftig. "Offener Vollzug" bedeutet
ja nun keineswegs, dass man die JVA verlassen darf, sondern nur, dass man
sich innerhalb der JVA (oder eines Flügels davon) einigermaßen frei
bewegen darf, leichter Besuch empfangen kann etc. Zur Weiterführung eines
Handwerksbetriebs dürfte das normalerweise nur wenig nützen. Dazu müsste
er auch noch Freigang bekommen, den er natürlich nur kriegen wird, wenn
er erst mal im offenen Vollzug ist.

Allerdings habe ich nach kurzer Recherche folgende Entscheidung gefunden:

https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/verfghsaar/dboutput.php?
id=284&download=1

Demnach ging es um keinen Handwerker, sondern um einen Kfz-
Sachverständigen, der schon mehr Arbeiten innerhalb der JVA wird
erledigen können (im Prinzip könnte man ein zu begutachtendes Fahrzeug ja
auch auf den Gefängnishof fahren, vieles lässt sich da aber auch vom
Schreibtisch aus erledigen, den man im offenen Vollzug halt leichter
betreiben kann - daneben halt der offene Vollzug als Voraussetzung für
Freigang). Das Gericht hat der Verfassungsbeschwerde auch nicht nur wegen
eines möglichen Eingriffs in die Berufsfreiheit, sondern vor allem auch
wegen eines Verstoßes gegen den Schutz von Ehe und Familie (Stichwort
Besuchszeiten) stattgegeben. Und vom offenen Vollzug als Regelform des
Vollzugs ist in der Entscheidung auch keine Rede, nur davon, dass die
Frage der Vollzugsform eben jeweils im Einzelfall zu prüfen ist. Das kann
in manchen Fällen allerdings offenbar schon vor Strafantritt geschehen,
so dass es in der Tat möglich ist, dass man gleich in den offenen Vollzug
kommt.
Post by Wolfgang Fieg
(Dieses
Argument kann im Prinzip auch jeder Drogenhändler für sich in Anspruch
nehmen).
Nein, denn dieser geht anders als der Handwerker oder sonstige
Unternehmer damit üblicherweise keinem Gewerbe oder freien Beruf nach.
Darunter fallen nämlich nur erlaubte Tätigkeiten. Nur wenn es sich beim
Drogenhändler um einen Apotheker oder Drogisten handeln sollte, der nicht
wegen seines erlaubten Drogenhandels verknackt wurde, kann dieses
Argument also eine Rolle spielen.
Post by Wolfgang Fieg
Gleichzeitig wurde die Arbeitspflicht abgeschafft. Dem allem
liegen natürlich keine strafrechtstheoretischen oder rechtspolitischen
Erwägungen zugrunde, sondern schlicht finanzwirtschaftliche. Der
Strafvollzug soll halt möglichst nichts kosten.
Na ja, Arbeit, die nichts einbringt, sondern sogar noch was kostet, ist
ja in der Tat nicht in jedem Fall sinnvoll.

Gruß,
Mark
U***@web.de
2018-04-03 09:16:43 UTC
Permalink
Moin,
Post by Mark Obrembalski
Post by Wolfgang Fieg
Auch nicht unbedingt. Im Saarland ist zwischenzeitlich der "offene
Vollzug" die gesetzliche Regelform des Vollzugs der Freiheitsstrafe, mit
der Folge, dass unjüngst ein Handwerksmeister vor dem
Verfassungsgerichtshof den offenen Vollzug für sich quasi vom ersten Tag
an erstritt, weil er ja seinen Betrieb weiterführen muss.
Das klingt mir nun weiter erklärungsbedürftig. "Offener Vollzug" bedeutet
ja nun keineswegs, dass man die JVA verlassen darf, sondern nur, dass man
sich innerhalb der JVA (oder eines Flügels davon) einigermaßen frei
bewegen darf, leichter Besuch empfangen kann etc. Zur Weiterführung eines
Handwerksbetriebs dürfte das normalerweise nur wenig nützen. Dazu müsste
er auch noch Freigang bekommen, den er natürlich nur kriegen wird, wenn
er erst mal im offenen Vollzug ist.
https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/verfghsaar/dboutput.php?
id=284&download=1
Demnach ging es um keinen Handwerker, sondern um einen Kfz-
Sachverständigen, der schon mehr Arbeiten innerhalb der JVA wird
erledigen können (im Prinzip könnte man ein zu begutachtendes Fahrzeug ja
auch auf den Gefängnishof fahren,
Man hätte es ggf. vorher auf Freiheit von Btm und gefährlichen
Gegenständen zu begutachten.
Post by Mark Obrembalski
vieles lässt sich da aber auch vom
Schreibtisch aus erledigen, den man im offenen Vollzug halt leichter
betreiben kann
Gibbet da in der Anstalt Internet für Gefangene?
Kfz-Begutachtungssoftware auf den Anstaltsrechnern?

Gruß, ULF
Mark Obrembalski
2018-04-06 17:56:18 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Mark Obrembalski
Demnach ging es um keinen Handwerker, sondern um einen Kfz-
Sachverständigen, der schon mehr Arbeiten innerhalb der JVA wird
erledigen können (im Prinzip könnte man ein zu begutachtendes Fahrzeug
ja auch auf den Gefängnishof fahren,
Man hätte es ggf. vorher auf Freiheit von Btm und gefährlichen
Gegenständen zu begutachten.
Ja, oder zumindest während dem Aufenthalt auf dem Gefängnishof so zu
bewachen, dass diese möglicherweise vorhandenen Gegenstände nicht
mitgenommen werden können.
Post by U***@web.de
Post by Mark Obrembalski
vieles lässt sich da aber auch vom Schreibtisch aus erledigen, den man
im offenen Vollzug halt leichter betreiben kann
Gibbet da in der Anstalt Internet für Gefangene?
Allgemeinen Internetzugang sicher nicht, aber Internet unter Aufsicht
gibt es durchaus manchmal. Direkten Internetzugang wird man als Gutachter
aber auch meist nicht brauchen.
Post by U***@web.de
Kfz-Begutachtungssoftware auf den Anstaltsrechnern?
Standardsoftware könnte man da sicher installieren. Dass der Hersteller
da irgendwelche Gimmicks für Knackis einbaut, ist ja ziemlich fernliegend.

Gruß,
Mark
Patrick Rudin
2018-03-31 11:50:05 UTC
Permalink
Post by Mark Obrembalski
Post by Patrick Rudin
12 Monate netto (bei teilbedingt ist nix mit vorzeitiger
Entlassung beim unbedingten Teil) darf man in der Schweiz in
privilegierter Halbgefangenschaft absitzen, wenn man halbwegs integriert
ist, da muss man sich auch kräftig an den Kosten beteiligen.
Was darf ich mir denn unter privilegierter Halbgefangenschaft vorstellen?
Halbgefangenschaft bedeutet, dass man die Freizeit in einer
entsprechenden Vollzugseinrichtung verbringt. Privileg für Leute mit
Arbeitsplatz und anderen Voraussetzungen (Keine Fluchtgefahr, keine
Gemeingefahr, etc.). Keine gesicherten Häuser, aber strenge Regeln
punkto Alkohol und Co. (regelmässige Tests), Mobiltelefon muss ins Fach,
fester Zeitplan, immer wieder Zimmerkontrollen. Wenn Du Dich nicht an
die Regeln hälst, musst Du die Zeit im Normalvollzug absitzen mit den
entsprechenden Folgen punkto Job und Finanzen.

https://justizvollzug.zh.ch/internet/justiz_inneres/juv/de/ueber_uns/organisation/vez/gefaengnisse/hgw.html
Post by Mark Obrembalski
So etwas wie Hausarrest?
Das ist die andere privilegierte Vollzugsform: Electronic Monitoring.
Eine Fussfessel, mit der registriert wird, ob Du zu den vereinbarten
Zeiten zuhause bist. Keine Echtzeitüberwachung, bei Verstössen gibt es
einfach hinterher dann Ärger und Versetzung in den Normalvollzug. Auch
nur für Leute mit Job und einer gewissen Eigenverantwortung gedacht. Die
Regeln sind allerdings ziemlich dehnbar.

https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/sicherheitsdirektion/straf-massnahmenvollzug/electronic%20monitoring/downloads/em_merkblatt.pdf

Und ja, beides ist für den Staat ziemlich billig.
Post by Mark Obrembalski
Das Strafvollzugsrecht ist in Deutschland seit einiger Zeit Ländersache,
In der Schweiz auch, das Bundesrecht gibt lediglich die groben
Leitlinien vor.


Gruss

Patrick
Mark Obrembalski
2018-04-02 17:08:39 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Halbgefangenschaft bedeutet, dass man die Freizeit in einer
entsprechenden Vollzugseinrichtung verbringt. Privileg für Leute mit
Arbeitsplatz und anderen Voraussetzungen (Keine Fluchtgefahr, keine
Gemeingefahr, etc.).
Das entspricht also ungefähr dem deutschen Freigang. Im Fall des
deutschen Rasers dürfte der bei Strafvollzug in der Schweiz ja schon
daran scheitern, dass er keinen Arbeitsplatz hat, der von einer Schweizer
Vollzugsanstalt aus in akzeptabler Zeit erreichbar wäre. Außer es gäbe
jemanden am Ort, der ihn einstellen will. Aber einen Deutschen
einstellen, der in der Schweiz bisher nur durch Rasen aufgefallen ist?
Post by Patrick Rudin
Das ist die andere privilegierte Vollzugsform: Electronic Monitoring.
Eine Fussfessel, mit der registriert wird, ob Du zu den vereinbarten
Zeiten zuhause bist. Keine Echtzeitüberwachung, bei Verstössen gibt es
einfach hinterher dann Ärger und Versetzung in den Normalvollzug.
Das kenne ich in Deutschland jedenfalls nicht als Form des Strafvollzugs.

Gruß,
Mark
U***@web.de
2018-04-03 09:21:15 UTC
Permalink
Moin,
Post by Mark Obrembalski
Das entspricht also ungefähr dem deutschen Freigang. Im Fall des
deutschen Rasers dürfte der bei Strafvollzug in der Schweiz ja schon
daran scheitern, dass er keinen Arbeitsplatz hat, der von einer Schweizer
Vollzugsanstalt aus in akzeptabler Zeit erreichbar wäre. Außer es gäbe
jemanden am Ort, der ihn einstellen will. Aber einen Deutschen
einstellen, der in der Schweiz bisher nur durch Rasen aufgefallen ist?
Die könnten auch Schweizer oder sonstige Ausländer einstellen,
die wegen schlimmerer Delikte verurteilt wurden.

Die wenigsten Verurteilten erreichen im Freigang ihre
bisherige Arbeitsstelle.

Also sind schriftliche Bewerbungen angesagt.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-03 11:37:58 UTC
Permalink
Post by Mark Obrembalski
Post by Patrick Rudin
Halbgefangenschaft bedeutet, dass man die Freizeit in einer
entsprechenden Vollzugseinrichtung verbringt. Privileg für Leute mit
Arbeitsplatz und anderen Voraussetzungen (Keine Fluchtgefahr, keine
Gemeingefahr, etc.).
Das entspricht also ungefähr dem deutschen Freigang.
Nein, das wäre in der Schweiz Arbeitsexternat. Hiess früher
Halbfreiheit, wurde aber umbenannt, weil es immer mit Halbgefangenschaft
verwechselt wurde :)

Halbgefangenschaft wird nicht im normalen Vollzugsanstalten vollzogen,
es handelt sich hier um eigene Unterkünfte. In deren Umfeld wird meist
auch die gemeinnützige Arbeit (bis zu 360 Stunden) organisiert, ebenso
die regelmässigen Drogenkontrollen.

Halbgefangenschaft dient dazu, eine Arbeitsstelle oder Ausbildungsplatz
(und damit meist auch die eigene Wohnung) zu erhalten. Das ist was für
motivierte Leute, die den letzten Schuss vor den Bug tatsächlich nutzen
möchten. Man muss das aktiv beantragen und sich an der konkreten Planung
beteiligen, Unterlagen zum Arbeitsverhältnis einreichen, den Arbeitgeber
informieren.

Arbeitsexternat hingegen ist quasi die letzte Vollzugsstufe im
Normalvollzug. Da wird einem erlaubt, nach einer gewissen Zeit im
Vollzug sich zu bewerben und dann ausserhalb der Anstalt arbeiten zu
gehen. Je nach Fall kommt dann noch Wohnexternat dazu (technisch ist man
noch im Vollzug, darf aber ausserhalb übernachten), das sind alles
letzte Schritte vor der bedingten Entlassung.
Post by Mark Obrembalski
Außer es gäbe jemanden am Ort, der ihn einstellen will. Aber einen Deutschen
einstellen, der in der Schweiz bisher nur durch Rasen aufgefallen ist?
Leute werden manchmal erstaunlich kreativ. Warum nicht Wohnsitz plus
_irgendeinen_ Job in der Schweiz annehmen, um in den Genuss der lokalen
Halbgefangenschaft zu kommen? Ja, ein Riesenaufwand, aber im Vergleich
zu 12 Monaten im Knast eher harmlos.


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-03-31 17:38:26 UTC
Permalink
Moin,
Post by Mark Obrembalski
Post by Patrick Rudin
12 Monate netto (bei teilbedingt ist nix mit vorzeitiger
Entlassung beim unbedingten Teil) darf man in der Schweiz in
privilegierter Halbgefangenschaft absitzen, wenn man halbwegs integriert
ist, da muss man sich auch kräftig an den Kosten beteiligen.
Was darf ich mir denn unter privilegierter Halbgefangenschaft vorstellen?
So etwas wie Hausarrest? Oder Freigang, d.h. draußen arbeiten und nach
der Arbeit brav in den Knast zurückgehen?
Freigang ist etwas anderes. Du hast gerade offenen Vollzug beschrieben.

Gruß, ULF
Mark Obrembalski
2018-04-02 17:18:20 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Mark Obrembalski
So etwas wie Hausarrest? Oder Freigang, d.h. draußen arbeiten und nach
der Arbeit brav in den Knast zurückgehen?
Freigang ist etwas anderes. Du hast gerade offenen Vollzug beschrieben.
§ 11 Abs. 1 StVollzG BW:

"Als Lockerung des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, daß der
Gefangene

1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht
(Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten
(Freigang) nachgehen darf (...)"

§ 53 Abs. 2 Nr. 4 StVollzG NRW:

"die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht
Bediensteter (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang)."

Art. 13 Abs. 1 BayStVollzG:

"Als Lockerung des Vollzugs kann insbesondere angeordnet werden, dass
Gefangene

1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht
(Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht Vollzugsbediensteter (Freigang)
nachgehen dürfen"

§ 55 Abs. 1 Nr. 4 LStVollzG SH:

"die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt (Freigang)."

§ 42 Abs. 1 Nr. 4 StVollzG Bln:

"die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt (Freigang)."

Das Nachschlagen der weiteren Landesgesetze bleibt dem Leser als
Übungsaufgabe überlassen.

Gruß,
Mark
U***@web.de
2018-04-03 09:22:41 UTC
Permalink
Moin,
Post by Mark Obrembalski
Post by U***@web.de
Post by Mark Obrembalski
So etwas wie Hausarrest? Oder Freigang, d.h. draußen arbeiten und nach
der Arbeit brav in den Knast zurückgehen?
Freigang ist etwas anderes. Du hast gerade offenen Vollzug beschrieben.
"Als Lockerung des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, daß der
Gefangene
1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht
(Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten
(Freigang) nachgehen darf (...)"
Mein Fehler, hatte die urlaubshafte Form (Freigang im
weiteren Sinne) im Kopf.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-03-29 10:49:10 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Fieg
Einschlägig scheint das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957
zu sein.
Es geht nicht um Auslieferung. Es geht darum, ob Deutschland das Urteil
vollstreckt.

https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19690211/index.html

Wäre hier wohl einschlägig, wobei das meiste die Verfolgung betrifft,
nicht die Vollstreckung. Aber der administrative Ausweisentzug müsste
eigentlich durchschlagen...


Grüsse

Patrick
Thomas Hochstein
2018-04-02 19:55:32 UTC
Permalink
Post by Wolfgang Fieg
Einschlägig scheint das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957
zu sein.
Für die Vollstreckung der ausländischen Entscheidung in Deutschland?
Tatsächlich?
Thomas Hochstein
2018-04-02 19:55:27 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Nun scheint die Vollstreckung in Deutschland ein Thema zu sein, ich habe
aber bislang wenig Details dazu gefunden.
Das ist die Entscheidung des Landgerichts im Volltext:
<http://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/4425.htm>

Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsmittel eingelegt, so dass
nunmehr das OLG wird entscheiden müssen.

Das ist eine Besprechung dazu:
<http://blog.burhoff.de/2018/03/gotthard-raser-oder-in-der-schweiz-niedrig-geflogen-in-deutschland-in-den-knast/>
Post by Patrick Rudin
Nach langer Rede nun meine Frage: Ist auch exzessives Überholen in einem
Tunnel mit Gegenverkehr in Deutschland in jedem Fall lediglich eine
Ordnungswidrigkeit?
Ja.

Für eine Straftat bedarf es (a) einer der sog. "7 Totsünden im
Straßenverkehr" nach § 315c Abs. 2 StGB
<https://dejure.org/gesetze/StGB/315c> und zusätzlich einer konkreten
Gefährdung, die sich regelmäßig nur sehr schwer nachweisen lässt, wenn
es nicht zum Unfall gekommen ist. (Und das Verhalten muss zudem "grob
verkehrswidrig und rücksichtslos" gewesen sein, aber das war hier wohl
nicht das Rechtsproblem.)

-thh
--
Freie juristische Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Alexander Goetzenstein
2018-04-03 10:08:19 UTC
Permalink
Hallo,
Post by Thomas Hochstein
Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsmittel eingelegt, so dass
nunmehr das OLG wird entscheiden müssen.
gibt es dafür eine nähere Begründung?
Post by Thomas Hochstein
<https://dejure.org/gesetze/StGB/315c>
Gibt es einen besonderen Grund, dejure und nicht
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315c.html
zu nutzen? Bei dejure poppt mir immer so ein lästiges Fenster entgegen,
das mich auffordert, den Adblocker zu deaktivieren (was für mich nicht
infrage kommt); bei gesetze-im-internet.de kann ich hingegen ungehindert
lesen. Die Inhalte sollten doch dieselben sein, oder?
--
Gruß
Alex
David Seppi
2018-04-03 12:24:38 UTC
Permalink
Post by Alexander Goetzenstein
Gibt es einen besonderen Grund, dejure und nicht
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315c.html
zu nutzen? Bei dejure poppt mir immer so ein lästiges Fenster entgegen,
das mich auffordert, den Adblocker zu deaktivieren (was für mich nicht
infrage kommt); bei gesetze-im-internet.de kann ich hingegen ungehindert
lesen. Die Inhalte sollten doch dieselben sein, oder?
Außerdem wird letzteres vom Justizministerium herausgegeben.
--
David Seppi
1220 Wien
Stefan Schmitz
2018-04-03 16:49:18 UTC
Permalink
Post by Alexander Goetzenstein
Post by Thomas Hochstein
<https://dejure.org/gesetze/StGB/315c>
Gibt es einen besonderen Grund, dejure und nicht
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315c.html
zu nutzen?
dejure ist komfortabler in der Nutzung.
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Alexander Goetzenstein
Post by Thomas Hochstein
Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsmittel eingelegt, so dass
nunmehr das OLG wird entscheiden müssen.
gibt es dafür eine nähere Begründung?
Sicherlich, aber nicht veröffentlicht.
Post by Alexander Goetzenstein
Post by Thomas Hochstein
<https://dejure.org/gesetze/StGB/315c>
Gibt es einen besonderen Grund, dejure und nicht
https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__315c.html
zu nutzen?
Eine Vielzahl:

* Der Text ist deutlich besser lesbar formatiert.

* Die Navigation ist viel komfortabler (+/-, Übersicht des jeweiligen
Abschnitts, schnelle Suchfunktion, einfache Eingabe von Gesetz und
Paragraph schon in der URL).

* Es gibt eine Vielzahl von Komfortfunktionen und Serviceangeboten:
die Angabe, welche Vorschriften diese Vorschrift zitieren,
Gerichtsentscheidungen und Literatur pp.

* Die freien Anbieter dejure.org und buzer.de sind fast immer
schneller bei Änderungen und machen im Schnitt weniger Fehler (vgl.
die laufende Darstellung bei Buzer).

Es gibt keinen mir nachvollziehbaren Grund, stattdessen
bundesrecht.juris.de (aka gesetze-im-internet.de) zu nutzen. Daher tue
ich das seit rund anderthalb Jahrzehnten auch nicht mehr.
Post by Alexander Goetzenstein
Bei dejure poppt mir immer so ein lästiges Fenster entgegen,
das mich auffordert, den Adblocker zu deaktivieren (was für mich nicht
infrage kommt);
Kann ich nicht bestätigen.
Post by Alexander Goetzenstein
bei gesetze-im-internet.de kann ich hingegen ungehindert
lesen. Die Inhalte sollten doch dieselben sein, oder?
Weitgehend.

-thh
--
Freie juristische Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Henning Sponbiel
2018-04-08 10:32:19 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Alexander Goetzenstein
Bei dejure poppt mir immer so ein lästiges Fenster entgegen,
das mich auffordert, den Adblocker zu deaktivieren (was für mich nicht
infrage kommt);
Kann ich nicht bestätigen.
Beim testweisen Aufruf von https://dejure.org/gesetze/StGB/315c.html
erscheint beim mir dieses PopUp:

|Adblocker eingeschaltet?
|Liebe Nutzerin, lieber Nutzer,
|
|Sie nutzen offenbar einen AdBlocker. Dies können wir nachvollziehen.
|Werbung nervt.
|
|Dennoch: dejure.org steht seinen Nutzerinnen und Nutzern seit vielen
|Jahren kostenfrei zur Verfügung. Uns ist sehr daran gelegen, dejure.org
|in seinen Grundfunktionen auch in Zukunft als freies Medium zu
|erhalten.
|
|Natürlich benötigt ein solches Projekt auch eine solide Finanzierung.
|Wir haben uns für klassische Werbeformen entschieden und glauben, diese
|in einer angemessenen Form integriert zu haben.
|Wir würden uns daher freuen, wenn Sie dejure.org unterstützen, indem
|Sie für uns eine Ausnahme in Ihrem Adblocker hinzufügen.
|Ihr dejure.org-Team
|
|
|PS: Das Anlegen einer Ausnahme haben wir hier anhand von AdblockPlus
|dargestellt.



Hmmmm ...


Henning
Rupert Haselbeck
2018-04-08 11:30:12 UTC
Permalink
Post by Henning Sponbiel
|Adblocker eingeschaltet?
|Liebe Nutzerin, lieber Nutzer,
|
|Sie nutzen offenbar einen AdBlocker. Dies können wir nachvollziehen.
|Werbung nervt.
Offensichtlich hast du deinen Adblocker fehlerhaft eingestellt. Bei mir und
wohl auch bei vielen (den meisten?) anderen klappt das ja einwandfrei.
Das ist nun aber kein juristisches Problem und damit hier off topic.

MfG
Rupert
Patrick Rudin
2018-04-03 11:57:22 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
<http://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/4425.htm>
Ah, vielen Dank. Ich kenne die Anklageschrift nicht, aber da scheint
aufgrund von Verletzungen des Akkusationsprinzips wohl einiges
rausgefallen zu sein. Wenn keine konkrete Gefährdung mehr drin ist,
obwohl explizit eine Verurteilung wegen Gefährdung des Lebens genannt
ist (nein, dafür reicht abstrakt nicht), dann hatte wohl auch der
begründende Richter einen schwierigen Tag. Tessin halt.

Nur so nebenbei: Das ist natürlich kein eigentliches Geschworenengericht
mehr:
https://www.rwi.uzh.ch/dam/jcr:6c7435e3-3cc3-43e7-8c3a-f3f72f42db22/Carlo%20Iazeolla_Die%20Besonderheiten%20des%20Tessiner%20Jury-Systems.pdf
Post by Thomas Hochstein
Die Staatsanwaltschaft hat dagegen Rechtsmittel eingelegt, so dass
nunmehr das OLG wird entscheiden müssen.
Teoretisch kann ich der Begründung schon folgen. Ich finde es aber
gelegentlich faszinierend, wie man bei Deutschen Autofahrern im Ausland
ganz streng nach Schuldprinzip vorgeht, bei Eisenbahn-Fahrdienstleitern
in Bayern hingegen nach Erfolgsstrafrecht und sie gleich in den Bau steckt.

Aber ich weiss, man soll die Richter nicht wegen Schlampereien des
Gesetzgebers tadeln...



Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-03 16:13:21 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Ich finde es aber
gelegentlich faszinierend, wie man bei Deutschen Autofahrern im Ausland
ganz streng nach Schuldprinzip vorgeht, bei Eisenbahn-Fahrdienstleitern
in Bayern hingegen nach Erfolgsstrafrecht und sie gleich in den Bau steckt.
Übersiehst Du nicht einen klitzekleinen Unterschied
in der Zahl der Todesopfer bei ordentlichen [TM] Verschulden?

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-04 11:51:27 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Patrick Rudin
Ich finde es aber
gelegentlich faszinierend, wie man bei Deutschen Autofahrern im Ausland
ganz streng nach Schuldprinzip vorgeht, bei Eisenbahn-Fahrdienstleitern
in Bayern hingegen nach Erfolgsstrafrecht und sie gleich in den Bau steckt.
Übersiehst Du nicht einen klitzekleinen Unterschied
in der Zahl der Todesopfer bei ordentlichen [TM] Verschulden?
Man kann ja nach Erfolgsstrafrecht vorgehen, dann soll man aber bitte
nicht mehr vom Verschulden faseln. Wie soll es sich denn auf die
_Schuld_ eines Fahrdienstleiters auswirken, wenn durch seine grob
fahrlässigen Handlungen statt 12 Tote und 84 Verletzte nur 6 gestorben
oder beispielsweise 120 gestorben wären? Statt 3,5 Jahre wären dann 35
Jahre angemessen, oder wie?


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-04 15:53:51 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Man kann ja nach Erfolgsstrafrecht vorgehen, dann soll man aber bitte
nicht mehr vom Verschulden faseln. Wie soll es sich denn auf die
_Schuld_ eines Fahrdienstleiters auswirken, wenn durch seine grob
fahrlässigen Handlungen statt 12 Tote und 84 Verletzte nur 6 gestorben
oder beispielsweise 120 gestorben wären? Statt 3,5 Jahre wären dann 35
Jahre angemessen, oder wie?
35 von 5, oder wie?

Bei einem Toten wäre das Urteil zu Recht geringer ausgefallen,
bei 120 im Zweifel etwas härter.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-06 10:41:46 UTC
Permalink
***@web.de wrote:
[Bad Aibling]
Post by U***@web.de
Bei einem Toten wäre das Urteil zu Recht geringer ausgefallen,
bei 120 im Zweifel etwas härter.
Nur damit ich das richtig verstehe: Du willst also bei Fahrlässigkeit
das Strafmass völlig vom Zufall abhängig machen?


Gruss

Patrick
Ulrich Maier
2018-04-06 11:58:23 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
[Bad Aibling]
Post by U***@web.de
Bei einem Toten wäre das Urteil zu Recht geringer ausgefallen,
bei 120 im Zweifel etwas härter.
Nur damit ich das richtig verstehe: Du willst also bei Fahrlässigkeit
das Strafmass völlig vom Zufall abhängig machen?
Man geht - sicher zu Recht - davon aus, dass die Betroffenenzahl auch
mit der persönlichen Schuld korrelliert. U.
U***@web.de
2018-04-06 12:19:14 UTC
Permalink
Post by Ulrich Maier
Man geht - sicher zu Recht - davon aus, dass die Betroffenenzahl auch
mit der persönlichen Schuld korrelliert. U.
Sieht man derlei in der Schweiz, ich meine,
bei den strafrechtlichen Höchstgerichten, etwa anders?

Gruß, ULF
Stefan Schmitz
2018-04-06 18:45:53 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
[Bad Aibling]
Post by U***@web.de
Bei einem Toten wäre das Urteil zu Recht geringer ausgefallen,
bei 120 im Zweifel etwas härter.
Nur damit ich das richtig verstehe: Du willst also bei Fahrlässigkeit
das Strafmass völlig vom Zufall abhängig machen?
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen? Ohne Folgen würde ja niemand etwas von
der Tat bemerken.
Ulrich Maier
2018-04-06 19:21:43 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen? Ohne Folgen würde ja niemand etwas von
der Tat bemerken.
Von der Fahrlässigkeit selbst:

Beispiel 1: Fahrlässig zu schnell fahren ohne Gefährdung Dritter

beispiel 2: Fahrlässige Nicht-Überwachung von Geräten (etwa eines
Fluglotsen) ohne Folgen.
Stefan Schmitz
2018-04-06 19:33:28 UTC
Permalink
Post by Ulrich Maier
Post by Stefan Schmitz
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen? Ohne Folgen würde ja niemand etwas von
der Tat bemerken.
Beispiel 1: Fahrlässig zu schnell fahren ohne Gefährdung Dritter
beispiel 2: Fahrlässige Nicht-Überwachung von Geräten (etwa eines
Fluglotsen) ohne Folgen.
Und wie willst du diese Beispiele bewerten?
Patrick Rudin
2018-04-06 19:49:47 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen? Ohne Folgen würde ja niemand etwas von
der Tat bemerken.
Das nennt sich dann eben Erfolgsstrafrecht. Kann man machen, aber man
sollte dazu stehen.

Schuldangemessene Strafe kann es halt nur mit Schuldstrafrecht geben.
Dort bemisst sich die Strafe nach leichter, mittlerer oder grober
Fahrlässigkeit. Eben nach individuellem Verschulden.

Wenn nun ein Fahrdienstleiter grob fahrlässig Ersatzsignale falsch
bedient und so Zugszusammenstösse verursacht, dann hat es mit dem
Unrechtsgehalt seiner Tat _nichts_ zu tun, ob ein Mensch stirbt (Sonntag
Morgens), ob zwölf Leute sterben (Zug wenig belegt) oder 120 Leute
sterben (Hauptverkehrszeit).

Das absurde ist ja eben, dass die Leute Zeter und Mordio schreien, wenn
sie eine Busse kriegen, ob wohl nichts passiert ist. Wenn aber
tatsächlich etwas passiert, dann schreien die anderen Zeter und Mordio,
man möge den Fahrlässigkeitstäter aufhängen. Diese Heuchelei geht mir
auf den Geist.

Auch bei Vorsatz wird geprüft, _worauf_ sich der Vorsatz bezogen hat.
Notfalls nimmt man den Eventualvorsatz, aber den muss man nachweisen.
Warum sollte man die Angeschuldigten bei Fahrlässigkeitsdelikten
schlechter stellen?


Grüsse

Patrick
U***@web.de
2018-04-06 20:33:08 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Stefan Schmitz
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen? Ohne Folgen würde ja niemand etwas von
der Tat bemerken.
Das nennt sich dann eben Erfolgsstrafrecht. Kann man machen, aber man
sollte dazu stehen.
Schuldangemessene Strafe kann es halt nur mit Schuldstrafrecht geben.
Dort bemisst sich die Strafe nach leichter, mittlerer oder grober
Fahrlässigkeit. Eben nach individuellem Verschulden.
Wenn nun ein Fahrdienstleiter grob fahrlässig Ersatzsignale falsch
bedient und so Zugszusammenstösse verursacht, dann hat es mit dem
Unrechtsgehalt
Richtig wäre: Mit dem Grad seiner Fahrlässigkeit
Post by Patrick Rudin
seiner Tat _nichts_ zu tun, ob ein Mensch stirbt (Sonntag
Morgens), ob zwölf Leute sterben (Zug wenig belegt) oder 120 Leute
sterben (Hauptverkehrszeit).
Das absurde ist ja eben, dass die Leute Zeter und Mordio schreien, wenn
sie eine Busse kriegen, ob wohl nichts passiert ist. Wenn aber
tatsächlich etwas passiert, dann schreien die anderen Zeter und Mordio,
man möge den Fahrlässigkeitstäter aufhängen. Diese Heuchelei geht mir
auf den Geist.
Nicht so heftig.

Mir ginge es auf den Geist, wenn Temposünder und Rotlichtfahrer
immer die gleiche Geldbuße zu zahlen hätten, unabhängig davon,
ob nichts, eine Gefährdung, ein Sachschaden, eine Verletzung
oder ein Todesfall hervorgerufen wurde. Wenn man aber differenziert, dann auch nach Schwere der Verletzung und Anzahl der Todesopfer.

Zur Schuldstrafe ohne reines Schuldstrafrecht: https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/bitstream/20.500.11880/25720/1/Dissertation_Katrin_Boerchers_neu.pdf

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-06 21:45:46 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Mir ginge es auf den Geist, wenn Temposünder und Rotlichtfahrer
immer die gleiche Geldbuße zu zahlen hätten, unabhängig davon,
ob nichts, eine Gefährdung, ein Sachschaden, eine Verletzung
oder ein Todesfall hervorgerufen wurde. Wenn man aber differenziert,
dann auch nach Schwere der Verletzung und Anzahl der Todesopfer.
Natürlich kann man den Erfolg nicht völlig ignorieren, immerhin sind
fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung ja verschiedene
Tatbestände.

Um aber auf mein ursprüngliches Beispiel zurückzukommen: Einem wilden
Autofahrer in der Nähe des Eventualvorsatzes droht Busse, während ein
Fahrdienstleiter bei grober Fahrlässigkeit in den Bau wandert. Das geht
einfach nicht auf.


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-07 08:24:23 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Natürlich kann man den Erfolg nicht völlig ignorieren, immerhin sind
fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Tötung ja verschiedene
Tatbestände.
Um aber auf mein ursprüngliches Beispiel zurückzukommen: Einem wilden
Autofahrer in der Nähe des Eventualvorsatzes droht Busse,
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bei
fahrlässiger Gefahrverursachung durch fahrlässiges Verhalten,
§ 315c III StGB.
Post by Patrick Rudin
während ein
Fahrdienstleiter bei grober Fahrlässigkeit in den Bau wandert. Das geht
einfach nicht auf.
Wenn Du hier durch Falschfahren ein Dutzend Menschen
ins Jenseits beförderst, rechne mit Freiheitsstrafe.

Gruß, ULF
Diedrich Ehlerding
2018-04-07 09:14:50 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Wenn Du hier durch Falschfahren ein Dutzend Menschen
ins Jenseits beförderst, rechne mit Freiheitsstrafe.
Die Frage, die wir hier duiskutieren, ist doch: wenn drei Leute eine
sehr ähnliche Fahrlässigkeit begehen; sagen wir: beim Autofahren aufs
Handy schauen, alle drei dabei eine rote Ampel übersehen - wieso wird
der eine, bei dessen Unfall es einen Toten gab, strenger bestraft (wg.
fahrlässiger Tötung) als der andere (bei dem, rein zufällig, der andere
überlebvt hat, also "nur" fahrlässige Köreprverletzung), ud der dritte,
bei dem es nicht zu Unfall kam, bekommt nur einen Bußgeldbescheid?
Sollte sich die Höhe der Strafe sich nicht eher am Unrechtsgehalt der
Tat (dem Blick aufs Handy während der Fahrt) orientieren als an den
Folgen, deren unterschiedliche Schwere nicht durch unterschiedlich
fahrlässige Handlungen verursacht ist?
U***@web.de
2018-04-07 09:43:53 UTC
Permalink
Post by Diedrich Ehlerding
Sollte sich die Höhe der Strafe sich nicht eher am Unrechtsgehalt der
Tat (dem Blick aufs Handy während der Fahrt) orientieren als an den
Folgen, deren unterschiedliche Schwere nicht durch unterschiedlich
fahrlässige Handlungen verursacht ist?
Und hätte Ehlerding jetzt in die verlinkte Diss geschaut, so
hätte er gelesen, daß es nicht angehen kann, einen
Bahnwärter, der die Schranke zu schließen vergaß,
im Großunglücksfalle lediglich mit einer
standardmäßigen Geldsanktion zu belegen.

Strafrecht berücksichtigt Fehlverhalten und Tatfolgen,
und das ist gut so.
Patrick Rudin
2018-04-07 10:42:16 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Und hätte Ehlerding jetzt in die verlinkte Diss geschaut, so
hätte er gelesen, daß es nicht angehen kann, einen
Bahnwärter, der die Schranke zu schließen vergaß,
im Großunglücksfalle lediglich mit einer
standardmäßigen Geldsanktion zu belegen.
Lustig, dass Du das aus dem Dokument herausliest, wo gleichfalls betont
wird, so entstehe faktisch eine strafrechtliche Zufallshaftung.

Nur so nebenbei: Zwischen 500 Franken Busse und 24 Monaten bedingt
besteht dann auch noch ein grosser Unterschied, der nutzbar ist.

Du plädierst also bei Fahrlässigen Erfolgsdelikten dafür, die
Strafzwecke der Vergeltung und positiven Generalprävention stärker
herauszustreichen als bei Vorsatzdelikten?
Post by U***@web.de
Strafrecht berücksichtigt Fehlverhalten und Tatfolgen,
und das ist gut so.
Zweifellos. Die Gewichtung ist aber eine rein kriminalpolitische Frage.
Wohin das führen kann, sieht man schön bei Schettino.


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-07 10:58:16 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Post by U***@web.de
Und hätte Ehlerding jetzt in die verlinkte Diss geschaut, so
hätte er gelesen, daß es nicht angehen kann, einen
Bahnwärter, der die Schranke zu schließen vergaß,
im Großunglücksfalle lediglich mit einer
standardmäßigen Geldsanktion zu belegen.
Lustig, dass Du das aus dem Dokument herausliest,
Kannst Du das nicht?

"Dennoch ist Arth. Kaufmann für eine Bestrafung der
unbewussten Fahrlässigkeit;
er ist insoweit für eine Erfolgshaftung, und zwar
aus generalpräventiven
Gründen: “Einen Bahnwärter, der vergessen hat,
die Schranken zu schließen,
und dadurch den Tod von zwanzig Menschen verursacht hat,
nicht zu bestrafen,
sondern nur mit einer Buße zu belegen, ist unter
den heutigen Umständen indiskutabel.
Man würde das einfach nicht verstehen und daher
ganz falsche Folgerungen
aus einem derartigen Urteil ziehen.”818"
Post by Patrick Rudin
wo gleichfalls betont
wird, so entstehe faktisch eine strafrechtliche Zufallshaftung.
"12 Anstelle von „Zufallshaftung“ wird bei Erfolgsdelikten auch von „Erfolgshaftung“ gesprochen. Vgl. Exner,
Das Wesen der Fahrlässigkeit, 1910, S. 3, Hassemer, a.a.O., S. 95."
Post by Patrick Rudin
Nur so nebenbei: Zwischen 500 Franken Busse und 24 Monaten bedingt
besteht dann auch noch ein grosser Unterschied, der nutzbar ist.
Du plädierst also bei Fahrlässigen Erfolgsdelikten dafür, die
Strafzwecke der Vergeltung und positiven Generalprävention stärker
herauszustreichen
"Es fragt sich also, aus welchem Grund die Straflosigkeit
des nachlässigen
Bahnwärters eigentlich eine Zumutung für die Öffentlichkeit
sein soll. Ist es
nicht vielmehr eine gemeinhin inakzeptable Vorstellung,
dass gegen jeden nachlässigen
Zeitgenossen für Folgen seines Verhaltens, die er
aus seiner Perspektive
nicht vermeiden konnte und die nicht als sein
verantwortliches Werk betrachtet
werden dürfen, eine Freiheitsstrafe verhängt werden kann?948
Die Öffentlichkeit
mag dem Bahnwärter durch Strafe einen „Denkzettel“ erteilen
und sich künftig
vor Nachlässigkeiten bewahren wollen. Dann ginge es
ihr um eine Bestrafung
aus Gründen der Prävention, nicht um eine Schuldstrafe.
Es mögen Rachegefühle
gegen den Bahnwärter aufkommen, die dem Opferschmerz entspringen."

Wieso soll ein Bahnwärter aus seiner Perspektive
sein Versagen nicht vermeiden können?

Es geht doch um Nachlässigkeit, nicht um den
Zuckerschock.
Post by Patrick Rudin
als bei Vorsatzdelikten?
Nein, denn das Strafmaß möchte ich niedriger halten.
Post by Patrick Rudin
Post by U***@web.de
Strafrecht berücksichtigt Fehlverhalten und Tatfolgen,
und das ist gut so.
Zweifellos. Die Gewichtung ist aber eine rein kriminalpolitische Frage.
Wohin das führen kann, sieht man schön bei Schettino.
Es mag ja sein, daß Katrin Borchers, nun Dr. Katrin Borchers,
gerne das reine Schuldstrafrecht hätte, aber ihre Ausführungen
sind ausführlich genug, auch die andere Seite zu beleuchten.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-08 10:13:44 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
"Dennoch ist Arth. Kaufmann für eine Bestrafung der
unbewussten Fahrlässigkeit;
er ist insoweit für eine Erfolgshaftung, und zwar
aus generalpräventiven
Gründen: “Einen Bahnwärter, der vergessen hat,
die Schranken zu schließen,
und dadurch den Tod von zwanzig Menschen verursacht hat,
nicht zu bestrafen,
sondern nur mit einer Buße zu belegen, ist unter
den heutigen Umständen indiskutabel.
Man würde das einfach nicht verstehen und daher
ganz falsche Folgerungen
aus einem derartigen Urteil ziehen.”818"
Und diese Haltung machst Du Dir zu eigen?

Nach Bad Aibling ist sicher mancher Fahrdienstleiter erschrocken, und
hat sich gesagt, hey, bei Ersatzsignalen muss ich wirklich verdammt
aufpassen, da verträgt es keine Ablenkung.

Aber Du willst jetzt ernsthaft behaupten, dieser Effekt wäre in dem
Moment eingetreten, als das Strafmass von 3,5 Jahren präsentiert wurde?
Post by U***@web.de
"12 Anstelle von „Zufallshaftung“ wird bei Erfolgsdelikten auch von „Erfolgshaftung“ gesprochen. Vgl. Exner,
Das Wesen der Fahrlässigkeit, 1910, S. 3, Hassemer, a.a.O., S. 95."
Das macht es auch nicht besser.
Post by U***@web.de
Wieso soll ein Bahnwärter aus seiner Perspektive
sein Versagen nicht vermeiden können?
Es geht doch um Nachlässigkeit, nicht um den
Zuckerschock.
Wir diskutieren ja auch nicht über die Möglichkeit der Vermeidung,
sondern um die Begründung für das Strafmass.

Da Du nach der Schweiz fragtest: Mir fällt kein Fall ein, wo
Fahrlässigkeit mit einer unbedingten Strafe sanktioniert wurde. Bei
massiven Vorstrafen wäre das natürlich denkbar.

Selbst Überlingen wurde mit bedingten Strafen abgehandelt, wenn man mal
von dem zusätzlich tragischen Russen-Lotsen-Fall absieht.

Vergleich Strafrahmen: Fahrlässige Tötung in D Freiheitsstrafe bis fünf
Jahre oder Geldstrafe. In CH Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe.



Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-08 10:57:16 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Post by U***@web.de
und dadurch den Tod von zwanzig Menschen verursacht hat,
nicht zu bestrafen,
sondern nur mit einer Buße zu belegen, ist unter
den heutigen Umständen indiskutabel.
Man würde das einfach nicht verstehen und daher
ganz falsche Folgerungen
aus einem derartigen Urteil ziehen.”818"
Und diese Haltung machst Du Dir zu eigen?
Ich halte sie für diskutabel.

Art. 47 Strafzumessung / Grundsatz
1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu.
Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen
Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
2 Das Verschulden wird nach der *Schwere der Verletzung oder
Gefährdung des betroffenen Rechtsguts*, nach der
Verwerflichkeit des
Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie
danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und
äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder
Verletzung zu vermeiden.

Hervorhebung durch mich.
Post by Patrick Rudin
Nach Bad Aibling ist sicher mancher Fahrdienstleiter erschrocken, und
hat sich gesagt, hey, bei Ersatzsignalen muss ich wirklich verdammt
aufpassen, da verträgt es keine Ablenkung.
Aber Du willst jetzt ernsthaft behaupten, dieser Effekt wäre in dem
Moment eingetreten, als das Strafmass von 3,5 Jahren präsentiert wurde?
In der DDR (kein Rechtsstaat) wurde frischgebackenen
Fahrdienstleitern mitgeteilt, daß für einen Haufen mit
Gefängnisstrafe zu rechnen sei.
Post by Patrick Rudin
Post by U***@web.de
"12 Anstelle von „Zufallshaftung“ wird bei Erfolgsdelikten auch von „Erfolgshaftung“ gesprochen. Vgl. Exner,
Das Wesen der Fahrlässigkeit, 1910, S. 3, Hassemer, a.a.O., S. 95."
Das macht es auch nicht besser.
Post by U***@web.de
Wieso soll ein Bahnwärter aus seiner Perspektive
sein Versagen nicht vermeiden können?
Es geht doch um Nachlässigkeit, nicht um den
Zuckerschock.
Wir diskutieren ja auch nicht über die Möglichkeit der Vermeidung,
sondern um die Begründung für das Strafmass.
Da Du nach der Schweiz fragtest: Mir fällt kein Fall ein, wo
Fahrlässigkeit mit einer unbedingten Strafe sanktioniert wurde. Bei
massiven Vorstrafen wäre das natürlich denkbar.
Selbst Überlingen wurde mit bedingten Strafen abgehandelt, wenn man mal
von dem zusätzlich tragischen Russen-Lotsen-Fall absieht.
Vergleich Strafrahmen: Fahrlässige Tötung in D Freiheitsstrafe bis fünf
Jahre oder Geldstrafe. In CH Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe.
Mich interessiert die Addition, aus der aus skrupelloser
Gefährdung und doppelter Fahrlässigkeitstötung
(Fahrzeug bei Gegenverkehr und 188 km/h abgetrieben)
immerhin 6 Jahre ausgeworfen wurden:

http://relevancy.bger.ch/php/clir/http/index.php?highlight_docid=atf%3A%2F%2F136-IV-76%3Ade&lang=de&type=show_document

Demzufolge hätte man Art. 238 Abs. 2 noch aufzuschlagen gehabt,
oder scheidet dies aus, weil es ein Fahrlässigkeitsgefährdungsdelikt
ist?

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-08 12:20:54 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Patrick Rudin
Vergleich Strafrahmen: Fahrlässige Tötung in D Freiheitsstrafe bis fünf
Jahre oder Geldstrafe. In CH Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe.
Mich interessiert die Addition,
Asperation, wenn es um das Strafmass geht. Leider führt der BGE nicht
aus, wie genau das Gericht hier asperiert hat. Seit ein paar Jahren
verlangt das Bundesgericht, dass die Gerichte das genau ausführen. Damit
verkommt ein guter Teil der Urteilsbegründung zur Rechenaufgabe.
Post by U***@web.de
aus der aus skrupelloser
Gefährdung und doppelter Fahrlässigkeitstötung
(Fahrzeug bei Gegenverkehr und 188 km/h abgetrieben)
Grob: Schwerste Tat ist die vorsätzliche Gefährdung des Lebens, bis 5
Jahre. Wegen Konkurrenzen um 50 Prozent auf 7,5 Jahre erhöht.

Man hätte auch wegen eventualvorsätzlicher Tötung auf 6 Jahre kommen
können, unter dem Strich tut sich das nicht viel.

Und ja, das Strafmass ist heftig.
Post by U***@web.de
Demzufolge hätte man Art. 238 Abs. 2 noch aufzuschlagen gehabt,
oder scheidet dies aus, weil es ein Fahrlässigkeitsgefährdungsdelikt
ist?
238-2 ist bei diesem BGE eh nicht einschlägig.

Aber generell: Nein.
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19370083/index.html#a49


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-08 12:52:11 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Post by U***@web.de
Demzufolge hätte man Art. 238 Abs. 2 noch aufzuschlagen gehabt,
oder scheidet dies aus, weil es ein Fahrlässigkeitsgefährdungsdelikt
ist?
238-2 ist bei diesem BGE eh nicht einschlägig.
Schon klar. Ich stelle mir gerade
einen gleichartig verlaufenen Unfall im
fiktiven Aiblikon vor.

Hast Du Werte bei Schweizer Unfällen
mit einer Vielzahl von Todesfällen, etwa Schrankenwärterin
Pfäffikon?

Bei einzelnen Todesfällen las ich von bedingter Geldstraße,
so niedrig hängt man derlei in D eher selten.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-08 17:38:15 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Hast Du Werte bei Schweizer Unfällen
mit einer Vielzahl von Todesfällen, etwa Schrankenwärterin
Pfäffikon?
Nein. Alle Fälle hier in der Nordwestschweiz mit mehreren Toten waren
Vorsatztaten. Das gab dann jeweils einmal lebenslänglich.
Post by U***@web.de
Bei einzelnen Todesfällen las ich von bedingter Geldstraße,
Ja, das ist üblich. Auch die Geschichte mit dem Glacier Express:
https://de.wikipedia.org/wiki/Eisenbahnunfall_von_Fiesch


Gruss

Patrick
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Um aber auf mein ursprüngliches Beispiel zurückzukommen: Einem wilden
Autofahrer in der Nähe des Eventualvorsatzes droht Busse, während ein
Fahrdienstleiter bei grober Fahrlässigkeit in den Bau wandert.
Wäre beim Fahrdienstleiter auch alles gut gegangen, wäre auch das
Ergebnis ein anderes.

Wäre beim "wilden Autofahrer" jemand zu Tode gekommen, wäre das
Ergebnis auch dort ein anderes - selbst dann schon, wenn bloß Leben,
Leib oder bedeutende Sachwerte bloß gefährdet gewesen wären.

-thh
Patrick Rudin
2018-04-08 10:15:04 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Wäre beim "wilden Autofahrer" jemand zu Tode gekommen, wäre das
Ergebnis auch dort ein anderes - selbst dann schon, wenn bloß Leben,
Leib oder bedeutende Sachwerte bloß gefährdet gewesen wären.
Der Tatbestand der Gefährdung des Lebens wurde aber auch erwähnt, dafür
verlangt das Schweizer Recht eine konkrete Gefährdung. Dazu müsste man
halt die Details des Urteils kennen...


Gruss

Patrick
Stefan Schmitz
2018-04-07 16:15:50 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Das absurde ist ja eben, dass die Leute Zeter und Mordio schreien, wenn
sie eine Busse kriegen, ob wohl nichts passiert ist. Wenn aber
tatsächlich etwas passiert, dann schreien die anderen Zeter und Mordio,
man möge den Fahrlässigkeitstäter aufhängen. Diese Heuchelei geht mir
auf den Geist.
Wenn nichts passiert, kriegt in der Regel niemand etwas davon mit.
Nur wenn man zufällig bei einem Verstoß beobachtet wird, gibt es ein Bußgeld.
Warum soll der Zufall des Beobachtetwerdens eine größere Rolle spielen als der
der Folgen?
Post by Patrick Rudin
Auch bei Vorsatz wird geprüft, _worauf_ sich der Vorsatz bezogen hat.
Notfalls nimmt man den Eventualvorsatz, aber den muss man nachweisen.
Warum sollte man die Angeschuldigten bei Fahrlässigkeitsdelikten
schlechter stellen?
Auch bei Vorsatz sind die Folgen ganz entscheidend für die Strafhöhe.
Der einzige Unterschied zu fahrlässigen Straftaten ist, dass man auch für einen
misslungenen Versuch - geringer - bestraft wird.

Insofern kann es ein reines Schuldstrafrecht, wie es dir vorschwebt, gar nicht
geben.
Patrick Rudin
2018-04-08 17:42:44 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Warum soll der Zufall des Beobachtetwerdens eine größere Rolle spielen als der
der Folgen?
Reden wir noch von Fahrlässigkeit? Das wird doch täglich millionenfach
beobachtet.
Post by Stefan Schmitz
Auch bei Vorsatz sind die Folgen ganz entscheidend für die Strafhöhe.
Eben nicht. Bei Prügeleien muss der Staatsanwalt nachweisen, dass sich
der Vorsatz wirklich auf versuchte Tötung oder versuchte schwere
Körperverletzung oder eine konkrete Gefährdung bezog. Wenn die adäquate
Kausalität nicht nachweisbar ist, dann gibts auch keine entsprechende
Strafe.
Post by Stefan Schmitz
Insofern kann es ein reines Schuldstrafrecht, wie es dir vorschwebt, gar nicht
geben.
Von einem "reinen" Schuldstrafrecht spricht doch niemand. Es ging mir
darum, die grassierende Esistnichtspassiertitis mal ein wenig
einzudämmen. Das wirkt nämlich auf viele Leute bestärkend, dass auch
künftig nichts passiert. Und wenn dann mal was passiert, haut man als
Ausgleich voll rein, oder wie?


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-08 17:58:02 UTC
Permalink
Moin,
Post by Patrick Rudin
Von einem "reinen" Schuldstrafrecht spricht doch niemand. Es ging mir
darum, die grassierende Esistnichtspassiertitis mal ein wenig
einzudämmen. Das wirkt nämlich auf viele Leute bestärkend, dass auch
künftig nichts passiert. Und wenn dann mal was passiert, haut man als
Ausgleich voll rein, oder wie?
Solange D und CH nicht ihre Strafgesetzbücher angleichen, und
darauf können wir lange warten, gibt es Dinge, die
einem merkwürdig bis bizarr vorkommen.

Gruß, ULF
Thomas Hochstein
2018-04-11 08:25:56 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Stefan Schmitz
Auch bei Vorsatz sind die Folgen ganz entscheidend für die Strafhöhe.
Eben nicht.
Aber freilich.
Post by Patrick Rudin
Bei Prügeleien muss der Staatsanwalt nachweisen, dass sich
der Vorsatz wirklich auf versuchte Tötung oder versuchte schwere
Körperverletzung oder eine konkrete Gefährdung bezog. Wenn die adäquate
Kausalität nicht nachweisbar ist, dann gibts auch keine entsprechende
Strafe.
So weit, so gut.

Und wie wird innerhalb des sich daraus ergebenden Strafrahmens die
konkrete Strafe bestimmt? Es würde mich sehr wundern, wenn die Folgen
dabei überhaupt keine Rolle spielen würden.

-thh
Patrick Rudin
2018-04-11 11:06:29 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Post by Stefan Schmitz
Auch bei Vorsatz sind die Folgen ganz entscheidend für die Strafhöhe.
Eben nicht.
Aber freilich.
Post by Patrick Rudin
Bei Prügeleien muss der Staatsanwalt nachweisen, dass sich
der Vorsatz wirklich auf versuchte Tötung oder versuchte schwere
Körperverletzung oder eine konkrete Gefährdung bezog. Wenn die adäquate
Kausalität nicht nachweisbar ist, dann gibts auch keine entsprechende
Strafe.
So weit, so gut.
Und wie wird innerhalb des sich daraus ergebenden Strafrahmens die
konkrete Strafe bestimmt? Es würde mich sehr wundern, wenn die Folgen
dabei überhaupt keine Rolle spielen würden.
Vielleicht reden wir aneinander vorbei, aber Euer Artikel 46-3 verbietet
ja logischerweise explizit auch bei Erfolgsdelikten eine doppelte
Schärfung. Kannst Du mal ein Beispiel nennen, wie Du da einen Erfolg
noch weiter einbauen willst, ohne "die _verschuldeten_ Auswirkungen" von
46-2 völlig zu überdehnen?

Die Schweizer Version ist da übrigens ähnlich restriktiv:
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19370083/index.html


Grüsse

Patrick
U***@web.de
2018-04-11 14:25:40 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Bei Prügeleien muss der Staatsanwalt nachweisen, dass sich
der Vorsatz wirklich auf versuchte Tötung oder versuchte schwere
Körperverletzung oder eine konkrete Gefährdung bezog. Wenn die adäquate
Kausalität nicht nachweisbar ist, dann gibts auch keine entsprechende
Strafe.
So weit, so gut.
Und wie wird innerhalb des sich daraus ergebenden Strafrahmens die
konkrete Strafe bestimmt? Es würde mich sehr wundern, wenn die Folgen
dabei überhaupt keine Rolle spielen würden.
Vielleicht reden wir aneinander vorbei, aber Euer Artikel 46-3 verbietet
ja logischerweise explizit auch bei Erfolgsdelikten eine doppelte
Schärfung.
Artikel verwenden wir für andere Dinge.

Gruß, ULF
Thomas Hochstein
2018-04-12 18:04:47 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Und wie wird innerhalb des sich daraus ergebenden Strafrahmens die
konkrete Strafe bestimmt? Es würde mich sehr wundern, wenn die Folgen
dabei überhaupt keine Rolle spielen würden.
Vielleicht reden wir aneinander vorbei, aber Euer Artikel 46-3 verbietet
ja logischerweise explizit auch bei Erfolgsdelikten eine doppelte
Schärfung.
Die bloße Tatsache des Erfolgseintritts darf natürlich nicht
strafschärfend verwertet werden.
Post by Patrick Rudin
Kannst Du mal ein Beispiel nennen, wie Du da einen Erfolg
noch weiter einbauen willst, ohne "die _verschuldeten_ Auswirkungen" von
46-2 völlig zu überdehnen?
Für vorsätzliche Körperverletzung steht ein Strafrahmen zwischen 5
Tagessätzen Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Für
die Frage, wo die Strafe im konkonreten Fall zwischen diesen Polen
liegt, sind die Folgen der Tat von (mit ausschlaggebender) Bedeutung.
Die Konsequenz einer Ohrfeige, bei der sich die Wange rötet und einige
Zeit lang weh tut, wird sich eher im Bereich einer geringen Geldstrafe
abspielen; wenn zwei Zähne ausgeschlagen, der Kiefer gebrochen und
zudem noch die Schulter ausgerenkt wurde, wird man sich hingegen - bei
ansonsten völlig identischer Sachlage - allmählich Gedanken darüber
machen müssen, ob noch eine Freiheitsstrafe im bewährungsfähigen
Bereich in Betracht kommt.

-thh
--
Freie juristische Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Patrick Rudin
2018-04-13 08:59:11 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Für vorsätzliche Körperverletzung steht ein Strafrahmen zwischen 5
Tagessätzen Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Für
die Frage, wo die Strafe im konkonreten Fall zwischen diesen Polen
liegt, sind die Folgen der Tat von (mit ausschlaggebender) Bedeutung.
Die Wiederholung macht es nicht wahrer.

https://dejure.org/gesetze/StGB/46.html
"die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,"
Post by Thomas Hochstein
Die Konsequenz einer Ohrfeige, bei der sich die Wange rötet und einige
Zeit lang weh tut, wird sich eher im Bereich einer geringen Geldstrafe
abspielen;
Das ist nach Schweizer Recht eh nur eine Tätlichkeit.
Post by Thomas Hochstein
wenn zwei Zähne ausgeschlagen, der Kiefer gebrochen und
zudem noch die Schulter ausgerenkt wurde, wird man sich hingegen - bei
ansonsten völlig identischer Sachlage - allmählich Gedanken darüber
machen müssen, ob noch eine Freiheitsstrafe im bewährungsfähigen
Bereich in Betracht kommt.
Sowas wird (ausser dem Täter) auch niemand als Ohrfeige bezeichnen, dazu
ist massiv Gewalt nötig. Logischerweise ist das Verschulden dabei höher
als bei der Ohrfeige, damit auch meist die verschuldeten Auswirkungen.

Der Erfolg ist kein Strafzumessungsgrund, ausser im mindernden Sinne bei
einem Versuch. Dass bei vollendeten Delikten der Erfolg auch noch
reinspielt, weil Richter Menschen sind, ist unbestritten.


Gruss

Patrick
Rupert Haselbeck
2018-04-13 20:30:12 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Für vorsätzliche Körperverletzung steht ein Strafrahmen zwischen 5
Tagessätzen Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Für
die Frage, wo die Strafe im konkonreten Fall zwischen diesen Polen
liegt, sind die Folgen der Tat von (mit ausschlaggebender) Bedeutung.
Die Wiederholung macht es nicht wahrer.
https://dejure.org/gesetze/StGB/46.html
"die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,"
Hmm, gerade eben, drei Zeilen höher, bestreitet du das. Oder verstehst du
etwa unter "Folgen der Tat" etwas anderes als unter "Auswirkungen der Tat"?
Post by Patrick Rudin
Der Erfolg ist kein Strafzumessungsgrund,
Du hast die dieser Behauptung entgegenstehende Vorschrift doch gerade selber
genannt?!
Post by Patrick Rudin
ausser im mindernden Sinne bei
einem Versuch. Dass bei vollendeten Delikten der Erfolg auch noch
reinspielt, weil Richter Menschen sind, ist unbestritten.
Der Erfolg spielt kraft Gesetzes ganz massiv mit rein...

Meinst du mit "Erfolg" vielleicht etwas anderes als die anderen hier?

MfG
Rupert
Stefan Schmitz
2018-04-13 20:59:20 UTC
Permalink
Post by Rupert Haselbeck
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Für vorsätzliche Körperverletzung steht ein Strafrahmen zwischen 5
Tagessätzen Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Für
die Frage, wo die Strafe im konkonreten Fall zwischen diesen Polen
liegt, sind die Folgen der Tat von (mit ausschlaggebender) Bedeutung.
Die Wiederholung macht es nicht wahrer.
https://dejure.org/gesetze/StGB/46.html
"die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,"
Hmm, gerade eben, drei Zeilen höher, bestreitet du das. Oder verstehst du
etwa unter "Folgen der Tat" etwas anderes als unter "Auswirkungen der Tat"?
Post by Patrick Rudin
Der Erfolg ist kein Strafzumessungsgrund,
Du hast die dieser Behauptung entgegenstehende Vorschrift doch gerade selber
genannt?!
Ich glaube, er meint, wenn der Straftatbestand schon die Körperverletzung oder
die Tötung beinhaltet, dann könne bei der Strafzumessung nicht mehr
berücksichtigt werden, dass jemand verletzt oder getötet wurde.

Dabei lässt er aber außer Acht, dass eine leichte und eine sehr schwere
Körperverletzung ebenso denselben Tatbestand erfüllen wie die Tötung eines
einzelnen Menschen und die von Hunderten. Der jeweilige Unterschied der
Folgen bietet den Spielraum für die Strafzumessung.
Thomas Hochstein
2018-04-15 11:14:59 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Ich glaube, er meint, wenn der Straftatbestand schon die Körperverletzung oder
die Tötung beinhaltet, dann könne bei der Strafzumessung nicht mehr
berücksichtigt werden, dass jemand verletzt oder getötet wurde.
Das ist ja auch völlig richtig: nicht dass, aber wie (!).
Post by Stefan Schmitz
Dabei lässt er aber außer Acht, dass eine leichte und eine sehr schwere
Körperverletzung ebenso denselben Tatbestand erfüllen wie die Tötung eines
einzelnen Menschen und die von Hunderten. Der jeweilige Unterschied der
Folgen bietet den Spielraum für die Strafzumessung.
Exakt.
Patrick Rudin
2018-04-14 09:10:11 UTC
Permalink
Post by Rupert Haselbeck
Post by Patrick Rudin
https://dejure.org/gesetze/StGB/46.html
"die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,"
Hmm, gerade eben, drei Zeilen höher, bestreitet du das. Oder verstehst du
etwa unter "Folgen der Tat" etwas anderes als unter "Auswirkungen der Tat"?
Da steht eben nicht "die Auswirkungen", auch nicht "irgendwelche
Auswirkungen", auch nicht "zufällige Auswirkungen", auch nicht
"unverschuldete Auswirkungen", sondern es steht "die verschuldeten
Auswirkungen".

Es braucht schon für den objektiven Tatbestand einen Taterfolg, eine
Tathandlung und die Kausalität.

Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes wird Vorsatz (wir lassen
jetzt die Fahrlässigkeit mal auf der Seite) verlangt. Das bedeutet
Wissen und Willen bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale.

Du kannst jemanden nicht für etwas wegen Vorsatz verurteilen, worauf
sich sein Vorsatz gar nicht bezog. Was denkst Du, weshalb man den
Eventualvorsatz erfunden hat?
Post by Rupert Haselbeck
Post by Patrick Rudin
Der Erfolg ist kein Strafzumessungsgrund,
Du hast die dieser Behauptung entgegenstehende Vorschrift doch gerade selber
genannt?!
Vielleicht hätte ich "der nackte Erfolg" schreiben müssen, damit die
Abgrenzung klarer wird.

Ansonsten heisst der Schlüsselbegriff zum Verständnis möglicherweise
"adäquate Kausalität".


Gruss

Patrick
Thomas Hochstein
2018-04-15 11:15:18 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Da steht eben nicht "die Auswirkungen", auch nicht "irgendwelche
Auswirkungen", auch nicht "zufällige Auswirkungen", auch nicht
"unverschuldete Auswirkungen", sondern es steht "die verschuldeten
Auswirkungen".
"Verschuldet" ist dabei jedoch ein weites Feld: es genügt die
Vorhersehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs.
Post by Patrick Rudin
Du kannst jemanden nicht für etwas wegen Vorsatz verurteilen, worauf
sich sein Vorsatz gar nicht bezog. Was denkst Du, weshalb man den
Eventualvorsatz erfunden hat?
Das betrifft allerdings vor allem den Eintritt des Taterfolgs
überhaupt.
Post by Patrick Rudin
Vielleicht hätte ich "der nackte Erfolg" schreiben müssen, damit die
Abgrenzung klarer wird.
Da sind wir uns einig; im einzelnen wird es aber vielleicht an
Beispielen klarer (vgl. <***@meneldor.ancalagon.de>).

-thh
Andreas Barth
2018-04-15 19:26:04 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Da steht eben nicht "die Auswirkungen", auch nicht "irgendwelche
Auswirkungen", auch nicht "zufällige Auswirkungen", auch nicht
"unverschuldete Auswirkungen", sondern es steht "die verschuldeten
Auswirkungen".
"Verschuldet" ist dabei jedoch ein weites Feld: es genügt die
Vorhersehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs.
Um mit einem realen Beispiel zu ergänzen: Betrunkene haben jemanden
angezündet. Eigentlich noch Glück gehabt: relativ wenig passiert,
Wunden werden im Krankenhaus versorgt, wird schon wieder.

Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.




Viele Grüße,
Andi
Oliver Jennrich
2018-04-15 20:04:53 UTC
Permalink
Post by Andreas Barth
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Da steht eben nicht "die Auswirkungen", auch nicht "irgendwelche
Auswirkungen", auch nicht "zufällige Auswirkungen", auch nicht
"unverschuldete Auswirkungen", sondern es steht "die verschuldeten
Auswirkungen".
"Verschuldet" ist dabei jedoch ein weites Feld: es genügt die
Vorhersehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs.
Um mit einem realen Beispiel zu ergänzen: Betrunkene haben jemanden
angezündet. Eigentlich noch Glück gehabt: relativ wenig passiert,
Wunden werden im Krankenhaus versorgt, wird schon wieder.
Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.
Kausal bedeutet: wenn-> dann. Und nicht etwa: wenn nicht -> dann nicht

Hier liegt zwar eine Korrelation vor, aber keine Kausalität.
--
Space - The final frontier
Thomas Hochstein
2018-04-21 13:24:25 UTC
Permalink
Post by Oliver Jennrich
Post by Andreas Barth
Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.
Kausal bedeutet: wenn-> dann. Und nicht etwa: wenn nicht -> dann nicht
Das ist schon richtig.

Weil das Opfer angezündet wurde, war es im Krankenhaus und musste sich
deshalb dort auch einer Nachkontrolle unterziehen. Nur deshalb befand
es sich zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort, an dem zeitgleich ein
Krafrfahrzeug eintraf, und nur deshalb starb es.

Hätte es die Straftat nicht gegeben, wäre das Opfer mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht (zu diesem Zeitpunkt) verstorben.
Post by Oliver Jennrich
Hier liegt zwar eine Korrelation vor, aber keine Kausalität.
Das ist durchaus Kausalität.

-thh
--
Freie juristische Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Oliver Jennrich
2018-04-21 17:20:28 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Oliver Jennrich
Post by Andreas Barth
Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.
Kausal bedeutet: wenn-> dann. Und nicht etwa: wenn nicht -> dann nicht
Das ist schon richtig.
Weil das Opfer angezündet wurde, war es im Krankenhaus und musste sich
deshalb dort auch einer Nachkontrolle unterziehen. Nur deshalb befand
es sich zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort, an dem zeitgleich ein
Krafrfahrzeug eintraf, und nur deshalb starb es.
Hätte es die Straftat nicht gegeben, wäre das Opfer mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht (zu diesem Zeitpunkt) verstorben.
Post by Oliver Jennrich
Hier liegt zwar eine Korrelation vor, aber keine Kausalität.
Das ist durchaus Kausalität.
Das ist ein reichlich merkwürdiger Sprachgebrauch, Euer Ehren!

Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden. Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.

Und die
Verbrennungen sind ebensowenig die Ursache für den Unfalltod wie
z.B. die Zeugung der jeweiligen Urgroßeltern des Unfallfahrers.
--
Space - The final frontier
Stefan Schmitz
2018-04-21 17:49:00 UTC
Permalink
Post by Oliver Jennrich
Das ist ein reichlich merkwürdiger Sprachgebrauch, Euer Ehren!
Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden. Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.
Das ist allerdings für die Juristerei sinnlos.
Da geht es nicht darum, ob man durch einen Schlag *immer* stirbt, sondern ob es
*in dem speziellen Fall* so war.
Patrick Rudin
2018-04-21 22:02:19 UTC
Permalink
Post by Oliver Jennrich
Das ist ein reichlich merkwürdiger Sprachgebrauch, Euer Ehren!
Zweifellos. Es geht halt darum, dass Juristen entscheiden müssen, welche
Kausalität welche rechtliche Folgen haben soll. Es geht fast immer um
Schuld oder Haftung.
Post by Oliver Jennrich
Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden.
Es ist eben nicht immer so einfach. Geht die Vase dabei auch immer
kaputt? Je nach Vase und Fallhöhe...
Post by Oliver Jennrich
Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.
Zweifellos. Gibt das immer eine schwere Infektion? Wohl eher nicht.

Ein klassisches Beispiel, wo man sich durchaus fragen kann, wie weit die
_adäquate_ Kausalität geht:
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bger/151105_8C_412-2015.html

Die natürliche Kausalität ist übrigens eine Tatfrage, also Sache der
Beweisaufnahme. Die adäquate Kausalität hingegen ist eine Rechtsfrage,
wie beim verlinkten Beispiel kann man diese in der Schweiz auch vom
Bundesgericht klären lassen.


Gruss

Patrick
Andreas Barth
2018-04-22 08:31:37 UTC
Permalink
Post by Oliver Jennrich
Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden. Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.
Das sieht mein - unjuristischer - Sprachgebrauch aber anders.
Kausalität bedeutet nicht, dass das Folgeereignis zwingend passiert.

Mit Deiner Kausalitätsdefinition würde ja auch nicht stimmen, dass
glimmende weggeworfene Zigaretten im Wald Waldbrände auslösen. Das
passiert auch nicht bei jeder Zigarette, aber doch mehrfach im Jahr.
Insoweit ist dies nicht nur kausal, sondern sogar zurechnenbar ("damit
muss man rechnen").


Viele Grüße,
Andi
U***@web.de
2018-04-22 08:55:17 UTC
Permalink
Post by Andreas Barth
Post by Oliver Jennrich
Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden. Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.
Das sieht mein - unjuristischer - Sprachgebrauch aber anders.
Kausalität bedeutet nicht, dass das Folgeereignis zwingend passiert.
Und deswegen geht es auch um die 'conditio sine qua non'.
Thomas Hochstein
2018-04-22 13:52:47 UTC
Permalink
Post by Oliver Jennrich
Das ist ein reichlich merkwürdiger Sprachgebrauch, Euer Ehren!
Kausal heißt, außerhalb der Juristerei, dass ein bestimmtes Ereignis
stets ein anderes nachsich zieht. Vase loslassen -> Vase fällt zu
Boden. Mit dem Hammer auf den Daumen hauen -> Dauen tut weh.
Dann wäre der Schuss mit einem Gewehr auf einen Menschen aus größerer
Entfernung nicht kausal für dessen Tod - denn dieses Ereignis führt
eben nicht *stets* zum Tod, weil der Schuss manchmal auch danebengeht.

Daher ist aus juristischer Sicht eine Handlung dann kausal für den
Eintritt eines Erfolgs, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne
dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Post by Oliver Jennrich
Und die
Verbrennungen sind ebensowenig die Ursache für den Unfalltod wie
z.B. die Zeugung der jeweiligen Urgroßeltern des Unfallfahrers.
Doch, natürlich ist auch die Zeugung kausal.

Es genügt daher nicht die reine Kausalität, sondern nur adäquat
kausale Handlungen.

-thh
U***@web.de
2018-04-23 10:35:16 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Und die
Verbrennungen sind ebensowenig die Ursache für den Unfalltod wie
z.B. die Zeugung der jeweiligen Urgroßeltern des Unfallfahrers.
Doch, natürlich ist auch die Zeugung kausal.
Es genügt daher nicht die reine Kausalität, sondern nur adäquat
kausale Handlungen.
Und darüber ist auch beim Unfall bei Gelegenheit von
Nachsorgeterminen zu diskutieren.

War der Verletzte durch die Tat unfallgefährdeter?

Mißerfolge von Heilbehandlungen muß sich der Täter meist
zuschreiben lassen.

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-15 22:04:24 UTC
Permalink
Post by Andreas Barth
Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.
Das ist ein klassisches Beispiel für die natürliche Kausalität: Sie muss
vorliegen, reicht alleine aber noch nicht, da das völlig ausufern würde.

Verlangt wird deshalb auch die adäquate Kausalität. Und die liegt eben
nicht vor, es ist nicht der normale Lauf der Dinge, dass jemand nach
einer Nachkontrolle im Krankenhaus überfahren wird.


Gruss

Patrick
Thomas Hochstein
2018-04-21 13:24:25 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Andreas Barth
Allerdings: Beim Verlassen des Krankenhauses nach einer Nachkontrolle
wird das Opfer überfahren und stirbt. Sicherlich Kausal (ohne die Tat
wäre es nicht in dem Krankenhaus gewesen), aber verschuldet? Doch eher
nicht.
Das ist ein klassisches Beispiel für die natürliche Kausalität: Sie muss
vorliegen, reicht alleine aber noch nicht, da das völlig ausufern würde.
Verlangt wird deshalb auch die adäquate Kausalität. Und die liegt eben
nicht vor, es ist nicht der normale Lauf der Dinge, dass jemand nach
einer Nachkontrolle im Krankenhaus überfahren wird.
So ist es. Und ich denken, das wollte aba auch demonsttrieren.
Thomas Hochstein
2018-04-15 11:14:59 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Für vorsätzliche Körperverletzung steht ein Strafrahmen zwischen 5
Tagessätzen Geldstrafe und 5 Jahren Freiheitsstrafe zur Verfügung. Für
die Frage, wo die Strafe im konkonreten Fall zwischen diesen Polen
liegt, sind die Folgen der Tat von (mit ausschlaggebender) Bedeutung.
Die Wiederholung macht es nicht wahrer.
Wozu auch? Es ist ja auch ohne Wiederholung wahr.
Post by Patrick Rudin
https://dejure.org/gesetze/StGB/46.html
"die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,"
Zum einen ist die Aufzählung nicht abschließend ("namentlich"), zum
anderen schließt die Formulierung "verschuldete Auswirkungen" nur
solche Auswirkungen aus, die für den Täter zum Tatzeitpunkt nicht nach
Art und Schwere zumindest im Wesentlichen erkennbar waren.
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Die Konsequenz einer Ohrfeige, bei der sich die Wange rötet und einige
Zeit lang weh tut, wird sich eher im Bereich einer geringen Geldstrafe
abspielen;
Das ist nach Schweizer Recht eh nur eine Tätlichkeit.
Nach deutschem Recht deckt der Tatbestand der Körperverletzung alle
diese Handlungen ab, solange nicht qualifizierende Tathandlungen (dann
gef. Körperverletzungen) oder besonders aufgezählte schwere Folgen
(dann schwere KV) hinzukommen.
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
wenn zwei Zähne ausgeschlagen, der Kiefer gebrochen und
zudem noch die Schulter ausgerenkt wurde, wird man sich hingegen - bei
ansonsten völlig identischer Sachlage - allmählich Gedanken darüber
machen müssen, ob noch eine Freiheitsstrafe im bewährungsfähigen
Bereich in Betracht kommt.
Sowas wird (ausser dem Täter) auch niemand als Ohrfeige bezeichnen, dazu
ist massiv Gewalt nötig. Logischerweise ist das Verschulden dabei höher
als bei der Ohrfeige, damit auch meist die verschuldeten Auswirkungen.
Nun gut.

Fall 1: Der Beschuldigte schlägt mit der Faust nach dem Kopf des
Geschädigten.

Variante 1a: Er streift ihn nur, es kommt zu einer bloßen Abschürfung,
weil der Geschädigte ausweicht.

Variante 1b: Er trifft voll und schlägt dem Geschädigten einen Zahn
aus.

Die Strafe wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - im
Fall 1b deutlich höher sein.

Fall 2: Der Beschuldigte schlägt den Geschädigten zusammen;
insbesondere versetzt er ihm multiple wuchtige Faustschläge gegen den
Rumpf und Bauchbereich. Was _genau_ dabei passiert, ist kaum
vorhersehbar, weder für den Beschuldigten noch für den Geschädigten
noch für Zuschauer, weil es letztlich weitgehend vom Verhalten der
beiden, ihrer Konstitution und dem Zufall abhängt.

Variante 2a: Der Geschädigte trägt neben Schmerzen vor allem
Rippenprellungen davon; sonst geht es ihm gut.

Variante 2b: Der Geschädigte trägt Rippenbrüche und Verletzungen
innerer Organe durch die Schläge davon.

Auch hier wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - die
Strafe im Fall 2b deutlich höher ausfallen, obschon niemand
vorhersagen kann, ob das Ergebnis der Handlungen des Beschuldigten
eher Fall 2a oder 2b oder etwas dazwischen sein wird.
Post by Patrick Rudin
Der Erfolg ist kein Strafzumessungsgrund, ausser im mindernden Sinne bei
einem Versuch.
Der Erfolgseintritt an sich ist natürlich kein Strafzumessungsgrund.
Die, nun ja, Qualität des Erfolgs, mithin also die Tatfolgen, sind
hingegen ein ganz wesentlicher Strafzumessungsgrund. Die Tathandlung
übrigens auch; es kommt bei der gef. Körperverletzung in der Variante
des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bspw. durchaus darauf an, ob das
gefährliche Werkzeug ein Ledergürtel, ein Baseballschläger, eine
Machete oder ein Revolver ist. Ebenso gilt das für den (bes.) schweren
Raub (räuberische Erpressung, räub. Diebstahl) in den Varianten des §
250 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 Nr. 1 StGB: ein gef. Werkzeug im
Sinne der Vorschrift ist der Schraubenzieher wie das Taschenmesser wie
die geladene Schreckschusswaffe (bei der der Druck durch den Lauf nach
vorne austritt) wie die geladene scharfe Waffe. Die verhängten
Freiheitsstrafen werden sich aber massiv danach unterscheiden, ob mit
dem Schraubenzieher oder der scharfen Waffe gedroht wurde (und nach
der Höhe der Tatbeute, und nach den - auch psychischen - Folgen für
die Tatopfer). Und ja, das kann - zusammen genommen - durchaus den
Unterschied zwischen 1-3 Jahren und 5-7 Jahren ausmachen.
Post by Patrick Rudin
Dass bei vollendeten Delikten der Erfolg auch noch
reinspielt, weil Richter Menschen sind, ist unbestritten.
Es geht mir schon um die Strafzumessung nach den gesetzlichen
Vorschriften, nicht darum, dass es "menschelt".

-thh
--
Freie juristische Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Patrick Rudin
2018-04-15 22:02:42 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Zum einen ist die Aufzählung nicht abschließend ("namentlich"),
Oki. Zugegeben, ich kenne auch die Praxis in Deutschen Strafgerichten nicht.
Post by Thomas Hochstein
Nach deutschem Recht deckt der Tatbestand der Körperverletzung alle
diese Handlungen ab, solange nicht qualifizierende Tathandlungen (dann
gef. Körperverletzungen) oder besonders aufgezählte schwere Folgen
(dann schwere KV) hinzukommen.
Da ist die Systematik zum Schweizer Recht deutlich unterschiedlich.

https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19370083/index.html#a122
Post by Thomas Hochstein
Fall 1: Der Beschuldigte schlägt mit der Faust nach dem Kopf des
Geschädigten.
Variante 1a: Er streift ihn nur, es kommt zu einer bloßen Abschürfung,
weil der Geschädigte ausweicht.
Wird in der Praxis nie zu einem Strafbefehl führen, aber theoretisch
wäre das wohl eine versuchte einfache Körperverletzung.
Post by Thomas Hochstein
Variante 1b: Er trifft voll und schlägt dem Geschädigten einen Zahn
aus.
Das wäre die vollende einfache Körperverletzung.
Post by Thomas Hochstein
Die Strafe wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - im
Fall 1b deutlich höher sein.
Sie wird im Fall von 1a gemindert wegen versuchter einfacher
Körperverletzung.
Post by Thomas Hochstein
Fall 2: Der Beschuldigte schlägt den Geschädigten zusammen;
insbesondere versetzt er ihm multiple wuchtige Faustschläge gegen den
Rumpf und Bauchbereich. Was_genau_ dabei passiert, ist kaum
vorhersehbar, weder für den Beschuldigten noch für den Geschädigten
noch für Zuschauer, weil es letztlich weitgehend vom Verhalten der
beiden, ihrer Konstitution und dem Zufall abhängt.
Variante 2a: Der Geschädigte trägt neben Schmerzen vor allem
Rippenprellungen davon; sonst geht es ihm gut.
Das ist objektiv eine vollende einfache Körperverletzung, je nach Anzahl
und Wucht der Schläge könnte das auch noch eine versuchte schwere
Körperverletzung sein.
Post by Thomas Hochstein
Variante 2b: Der Geschädigte trägt Rippenbrüche und Verletzungen
innerer Organe durch die Schläge davon.
Kann identisch zu vorheriger Würdigung sein. Quizfrage zu schwerer
Körperverletzung wäre hier, welche Organe betroffen sind und ob akute
Lebensgefahr bestand.
Post by Thomas Hochstein
Auch hier wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - die
Strafe im Fall 2b deutlich höher ausfallen, obschon niemand
vorhersagen kann, ob das Ergebnis der Handlungen des Beschuldigten
eher Fall 2a oder 2b oder etwas dazwischen sein wird.
Ich denke die Beispiele passen nicht gut.

Anderes Beispiel:
Im Rahmen einer hitzigen Auseinandersetzung schlagen sich zwei Männer
gegenseitig, dabei torkelt einer leicht nach hinten, fällt um, donnert
mit seinem Hinterkopf massiv auf den Randstein und stirbt später im
Spital an den Kopfverletzungen. Das rechtmedizinische Gutachen stellt
fest, dass der Tod durch den Aufprall auf den Randstein verursacht wurde.

Der Verteidiger betont nun, sein Mandant habe dem Anderen höchstens eine
Abreibung verpassen wollen, nie im Leben hätte er vorhersehen können,
dass der andere so unglücklich stürzt und stirbt. Die Sachlage gebe
allerhöchstens eine Verurteilung wegen eventualvorsätzlicher
Körperverletzung her.

Kannst Du ihm nach Deutschem Recht die Tötung anrechnen?
Post by Thomas Hochstein
Die verhängten
Freiheitsstrafen werden sich aber massiv danach unterscheiden, ob mit
dem Schraubenzieher oder der scharfen Waffe gedroht wurde
Zweifellos, über diesen Punkt streiten wir ja nicht.
Post by Thomas Hochstein
(und nach der Höhe der Tatbeute,
Ich gebe zu, dass ein Einbrecher und ein Tankstellenräuber oft keine
genaue Vorstellung davon haben, was als Beute genau drinliegt. Auf was
sich der Vorsatz genau bezog, wir hier vor Gericht auch regelmässig
lange diskutiert, weil Vermögensdelikte unter 300 Franken Antragsdelikte
sind. Eine ausschlaggebende Rolle beim Strafmass spielt das aber
meistens nicht.
Post by Thomas Hochstein
und nach den - auch psychischen - Folgen für
die Tatopfer).
Das ist beim Raubüberfall tatsächlich ein grosser Schwachpunkt des
Schuldstrafrechtes. Für das Opfer ist es kein grosser Trost, wenn es
hinterher erfährt, dass die Waffe vermutlich nur eine Replika war. Das
wird hier meist über die Genugtuung geregelt, also zivilrechtlich.


Gruss

Patrick
U***@web.de
2018-04-16 08:38:17 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Fall 1: Der Beschuldigte schlägt mit der Faust nach dem Kopf des
Geschädigten.
Variante 1a: Er streift ihn nur, es kommt zu einer bloßen Abschürfung,
weil der Geschädigte ausweicht.
Wird in der Praxis nie zu einem Strafbefehl führen,
Auch nicht, wenn eine oder des Täters Frau geschädigt wurde?
Post by Patrick Rudin
aber theoretisch
wäre das wohl eine versuchte einfache Körperverletzung.
In Tateinheit mit Tätlichkeit?

Gruß, ULF
Patrick Rudin
2018-04-16 10:30:06 UTC
Permalink
Post by U***@web.de
Post by Patrick Rudin
Wird in der Praxis nie zu einem Strafbefehl führen,
Auch nicht, wenn eine oder des Täters Frau geschädigt wurde?
Ein Zyniker würde antworten, dann erst recht nicht, sowas landet erst
bei den Behörden, wenn es völlig eskaliert.

Aber ja: Bei häuslicher Gewalt ist bereits eine Tätlichkeit ein
Offizialdelikt.
Post by U***@web.de
Post by Patrick Rudin
aber theoretisch
wäre das wohl eine versuchte einfache Körperverletzung.
In Tateinheit mit Tätlichkeit?
Ja. Oder nur ein Strafbefehl wegen Tätlichkeit, bei einer Einsprache
würde die Stawa dann ihren Antrag auf "versuchte einfache
Körperverletzung, eventualiter Tätlichkeit" abändern. "Abschürfung nach
Ausweichen" müsste in der Praxis natürlich viel detaillierter
geschildert werden.


Gruss

Patrick
Thomas Hochstein
2018-04-22 13:52:47 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Fall 1: Der Beschuldigte schlägt mit der Faust nach dem Kopf des
Geschädigten.
Variante 1a: Er streift ihn nur, es kommt zu einer bloßen Abschürfung,
weil der Geschädigte ausweicht.
Wird in der Praxis nie zu einem Strafbefehl führen, aber theoretisch
wäre das wohl eine versuchte einfache Körperverletzung.
Nach deutschem Recht ist es eine vollendete (einfache)
Körperverletzung; der Schlag ist eine üble unangemessene Behandlung,
die Abschürfung eine Gesundheitsschädigung.
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Variante 1b: Er trifft voll und schlägt dem Geschädigten einen Zahn
aus.
Das wäre die vollende einfache Körperverletzung.
Hier auch.

Aber eben eine, deren Folge schwerer wiegt.
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Die Strafe wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - im
Fall 1b deutlich höher sein.
Sie wird im Fall von 1a gemindert wegen versuchter einfacher
Körperverletzung.
Wieso nur Versuch? Ist eine Hautabschürfung keine Verletzung?
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Fall 2: Der Beschuldigte schlägt den Geschädigten zusammen;
insbesondere versetzt er ihm multiple wuchtige Faustschläge gegen den
Rumpf und Bauchbereich. Was_genau_ dabei passiert, ist kaum
vorhersehbar, weder für den Beschuldigten noch für den Geschädigten
noch für Zuschauer, weil es letztlich weitgehend vom Verhalten der
beiden, ihrer Konstitution und dem Zufall abhängt.
Variante 2a: Der Geschädigte trägt neben Schmerzen vor allem
Rippenprellungen davon; sonst geht es ihm gut.
Das ist objektiv eine vollende einfache Körperverletzung, je nach Anzahl
und Wucht der Schläge könnte das auch noch eine versuchte schwere
Körperverletzung sein.
Post by Thomas Hochstein
Variante 2b: Der Geschädigte trägt Rippenbrüche und Verletzungen
innerer Organe durch die Schläge davon.
Kann identisch zu vorheriger Würdigung sein. Quizfrage zu schwerer
Körperverletzung wäre hier, welche Organe betroffen sind und ob akute
Lebensgefahr bestand.
Und die Frage ist ja jetzt: wenn es in beiden Fällen vollendete
einfache Körperverletzung ist, wären dann beide Fälle (bei ansonsten
völlig identischen Rahmenbedingungen) gleich zu bestrafen?
Post by Patrick Rudin
Post by Thomas Hochstein
Auch hier wird - wenn alle anderen Faktoren unverändert sind - die
Strafe im Fall 2b deutlich höher ausfallen, obschon niemand
vorhersagen kann, ob das Ergebnis der Handlungen des Beschuldigten
eher Fall 2a oder 2b oder etwas dazwischen sein wird.
Ich denke die Beispiele passen nicht gut.
Ich denke, sie passen gerade. :)
Post by Patrick Rudin
Im Rahmen einer hitzigen Auseinandersetzung schlagen sich zwei Männer
gegenseitig, dabei torkelt einer leicht nach hinten, fällt um, donnert
mit seinem Hinterkopf massiv auf den Randstein und stirbt später im
Spital an den Kopfverletzungen. Das rechtmedizinische Gutachen stellt
fest, dass der Tod durch den Aufprall auf den Randstein verursacht wurde.
Der Verteidiger betont nun, sein Mandant habe dem Anderen höchstens eine
Abreibung verpassen wollen, nie im Leben hätte er vorhersehen können,
dass der andere so unglücklich stürzt und stirbt. Die Sachlage gebe
allerhöchstens eine Verurteilung wegen eventualvorsätzlicher
Körperverletzung her.
Kannst Du ihm nach Deutschem Recht die Tötung anrechnen?
Ja. Das ist eine Körperverletzung mit Todesfolge.

Aber Du diskutierst immer die Frage des Schuldspruchs, d.h. wegen
welcher Tat ggf. zu Verurteilungen ist.

Mir geht es um die Frage des Strafausspruchs.

-thh
Patrick Rudin
2018-04-23 20:38:59 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Wieso nur Versuch? Ist eine Hautabschürfung keine Verletzung?
Kommt sehr auf die Grösse der Hautabschürfung und die gesamten Umstände an.
Post by Thomas Hochstein
Und die Frage ist ja jetzt: wenn es in beiden Fällen vollendete
einfache Körperverletzung ist, wären dann beide Fälle (bei ansonsten
völlig identischen Rahmenbedingungen) gleich zu bestrafen?
Theoretisch schon. Es ist halt auch ein sehr theoretisches Beispiel.

In der Praxis wird eine alte Frau andere Verletzungen davontragen als
ein junger Bodybuilder. Das Tatunrecht ist nicht dasselbe.

[Schlägerei mit unglücklichem Ausgang]
Post by Thomas Hochstein
Ja. Das ist eine Körperverletzung mit Todesfolge.
Ah, 227. Seltsame Systematik.

Ich verstehs nicht. Entweder ist durch den Schlag die adäquate
Kausalität zum Sturz mit Todesfall gegeben, dann kommt man zur
(eventual)vorsätzlichen Tötung.

Oder die Kausalität ist unterbrochen, dann kann man dem Schläger nur
Körperverletzung vorwerfen.

Was ganz genau wirft man dem Täter bei Körperverletzung mti Todesfolge
vor in punkto subjektivem Tatbestand?
Post by Thomas Hochstein
Aber Du diskutierst immer die Frage des Schuldspruchs, d.h. wegen
welcher Tat ggf. zu Verurteilungen ist.
Mir geht es um die Frage des Strafausspruchs.
Ich versteh einfach nicht, wie Du einen Erfolg einbauen willst, wenn die
adäquate Kausalität keine Brücke dorthin bietet.


Gruss

Patrick
Stefan Schmitz
2018-04-24 15:05:41 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
[Schlägerei mit unglücklichem Ausgang]
Post by Thomas Hochstein
Ja. Das ist eine Körperverletzung mit Todesfolge.
Ah, 227. Seltsame Systematik.
Ich verstehs nicht. Entweder ist durch den Schlag die adäquate
Kausalität zum Sturz mit Todesfall gegeben, dann kommt man zur
(eventual)vorsätzlichen Tötung.
Und wenn gar kein Vorsatz zur Tötung vorliegt, sondern ausschließlich zur
Körperverletzung?
Post by Patrick Rudin
Oder die Kausalität ist unterbrochen, dann kann man dem Schläger nur
Körperverletzung vorwerfen.
Das wird dann auch so sein.
Post by Patrick Rudin
Was ganz genau wirft man dem Täter bei Körperverletzung mti Todesfolge
vor in punkto subjektivem Tatbestand?
Vorsatz bei der Körperverletzung, Fahrlässigkeit bei der Todesfolge.
Der Strafrahmen ist höher als bei fahrlässiger Tötung.
U***@web.de
2018-04-24 17:11:02 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Patrick Rudin
[Schlägerei mit unglücklichem Ausgang]
Post by Thomas Hochstein
Ja. Das ist eine Körperverletzung mit Todesfolge.
Ah, 227. Seltsame Systematik.
Ich verstehs nicht. Entweder ist durch den Schlag die adäquate
Kausalität zum Sturz mit Todesfall gegeben, dann kommt man zur
(eventual)vorsätzlichen Tötung.
Und wenn gar kein Vorsatz zur Tötung vorliegt, sondern ausschließlich zur
Körperverletzung?
Bei einer Schlägerei [TM] gilt bei Eintreten schwerer Folgen
sowieso:

Zugelangen, mitgehangen.

Oder jedenfalls so ähnlich. Nachzulesen unter der Hausnummer 231.

Gruß, ULF

U***@web.de
2018-04-11 14:23:54 UTC
Permalink
SBei Prügeleien muss der Staatsanwalt nachweisen, dass sich
der Vorsatz wirklich auf versuchte Tötung oder versuchte schwere
Körperverletzung oder eine konkrete Gefährdung bezog. Wenn die adäquate
Kausalität nicht nachweisbar ist, dann gibts auch keine entsprechende
Strafe.
Das will die Polizeigewerkschaft jetzt ändern,
à la:

"Der Messerstich wird immer als versuchter Totschlag bestraft."

Gruß, ULF
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Schuldangemessene Strafe kann es halt nur mit Schuldstrafrecht geben.
"Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe."
(§ 46 Abs. 1 S. 1 StGB)
Post by Patrick Rudin
Dort bemisst sich die Strafe nach leichter, mittlerer oder grober
Fahrlässigkeit. Eben nach individuellem Verschulden.
Das erfasst aber nur das Handlungsunrecht, nicht das Erfolgsunrecht.
Unter dieser Prämisse müsste man das fahrlässige Handeln auch dann
bestrafen, wenn es nicht zum Erfolgseintritt kommt.
Post by Patrick Rudin
Wenn nun ein Fahrdienstleiter grob fahrlässig Ersatzsignale falsch
bedient und so Zugszusammenstösse verursacht, dann hat es mit dem
Unrechtsgehalt seiner Tat _nichts_ zu tun, ob ein Mensch stirbt (Sonntag
Morgens), ob zwölf Leute sterben (Zug wenig belegt) oder 120 Leute
sterben (Hauptverkehrszeit).
Freilich erhöht es den Unrechtsgehalt seiner Tat, wenn dadurch mehr
Menschen sterben. - Das individuelle Verschulden liegt ja auch dann
vor, wenn gar mein Mensch stirbt.

-thh
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Von was soll man eine Strafe bei Fahrlässigkeitstaten denn sonst abhängig
machen, wenn nicht von den Folgen?
Vom Umfang der Sorgfaltspflichtverletzung, zum Beispiel.

Und das tut man ja auch.

(Dabei schneidet aber eben jemand, der sich während einer
verantwortungsvollen Tätigkeit ganz in sein Computerspiel vertieft,
nicht besonders gut ab. Genauso wenig wie jemand, der am Steuer
schnell mal eben WhatsApp nutzt ...)

-thh
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Nur damit ich das richtig verstehe: Du willst also bei Fahrlässigkeit
das Strafmass völlig vom Zufall abhängig machen?
Nein, neben dem Taterfolg ist natürlich - unter anderem - auch das Maß
des Verschuldens zu berücksichtigen, vgl. § 46 StGB.

Auf die Schuld kommt es aber eben erst an, wenn denn überhaupt ein
Straftatbestand verwirklicht worden ist.
Thomas Hochstein
2018-04-07 21:44:52 UTC
Permalink
Post by Patrick Rudin
Teoretisch kann ich der Begründung schon folgen. Ich finde es aber
gelegentlich faszinierend, wie man bei Deutschen Autofahrern im Ausland
ganz streng nach Schuldprinzip vorgeht, bei Eisenbahn-Fahrdienstleitern
in Bayern hingegen nach Erfolgsstrafrecht und sie gleich in den Bau steckt.
Dem kann ich jetzt nicht folgen - die Rechtslage ist in beiden Fällen
doch vergleichbar? Nur eben mit dem Unterschied, dass das fahrlässige
Handeln einmal zum Eintritt des Taterfolgs geführt hat und im anderen
Fall nicht?
Helmut Richter
2018-04-08 07:52:54 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Patrick Rudin
Teoretisch kann ich der Begründung schon folgen. Ich finde es aber
gelegentlich faszinierend, wie man bei Deutschen Autofahrern im Ausland
ganz streng nach Schuldprinzip vorgeht, bei Eisenbahn-Fahrdienstleitern
in Bayern hingegen nach Erfolgsstrafrecht und sie gleich in den Bau steckt.
Dem kann ich jetzt nicht folgen - die Rechtslage ist in beiden Fällen
doch vergleichbar? Nur eben mit dem Unterschied, dass das fahrlässige
Handeln einmal zum Eintritt des Taterfolgs geführt hat und im anderen
Fall nicht?
Ich nehme an, dass dieser Gebrauch von "Erfolg" in der Fachsprache üblich
ist, aber er entspricht nicht der Alltagssprache, wo man von "Erfolg" nur
dann spricht, wenn eine *beabsichtigte* Folge des Handelns eingetreten ist.
WWG
--
Helmut Richter
U***@web.de
2018-04-08 09:14:21 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Ich nehme an, dass dieser Gebrauch von "Erfolg" in der Fachsprache üblich
ist, aber er entspricht nicht der Alltagssprache, wo man von "Erfolg" nur
dann spricht, wenn eine *beabsichtigte* Folge des Handelns eingetreten ist.
Dann etablier halt für Fahrlässigkeitsdelikte den
Begriff "Rechtsgutsverletzungsstrafrecht".

Gruß, ULF
Thomas Hochstein
2018-04-10 21:59:20 UTC
Permalink
Post by Helmut Richter
Ich nehme an, dass dieser Gebrauch von "Erfolg" in der Fachsprache üblich
ist, aber er entspricht nicht der Alltagssprache, wo man von "Erfolg" nur
dann spricht, wenn eine *beabsichtigte* Folge des Handelns eingetreten ist.
Deshalb verwendet man ihn ja auch nur dann in diesem Sinne, wenn es um
fachliche Fragen in einer juristischen Fachgruppe geht. ;)
Lesen Sie weiter auf narkive:
Loading...