Post by Thomas HochsteinPost by Marc HaberDie Vorbereitung der Beschlüsse durch die Staatsanwaltschaft halte ich
allerdings für eine überdenkenswerte und nicht ganz unkritische
Praxis. Wenn ich etwas gezielt selbst formulieren und diktieren muss,
prüfe ich diese Formulierung schon alleine deswegen genauer, als wenn
ich sie nur überfliege und dann meinen Kaiser Wilhelm drunter mache.
Das ist richtig, andererseits muss der Antrag der Staatsanwaltschaft
ohnehin nahezu vollständig dieselben Inhalte umfassen wie der
Beschluss - dann ist durch "Markierungen setzen und Verfügung an die
Geschäftsstelle, das abzuschreiben" nichts gewonnen.
Viel wichtiger fände ich es, wenn nicht nur das ausgedruckte Dokument,
sondern auch die Textdatei zur Verfügung stände, so dass leicht
angepasst werden kann.
Faktisch ist das natürlich nicht zuletzt ein Manpower-Problem.
Ich erkenne die Problematik an, das ist sicher nicht einfach zu lösen.
Selbst ich arbeite oft in Vier-Augen-Konstellationen und habe schonmal
Dinge abgenickt, die sich im Nachhinein als fatale Fehler
herausgestellt haben, weil ich einfach nicht aufmerksam genug
hingeschaut habe und dem jenigen, der den Vorschlag gemacht habe, über
das sinnvolle Maß hinaus vertraut habe. Aber in "meinen" Fällen geht
es nur um Geld, im Fall eines Durchsuchungsbeschluss nicht selten um
eine Existenz.
Da muss es einfach Kontrollmechanismen geben, die besser funktionieren
als ein Bereitschaftsrichter, der völlig übernächtigt seinen
Karlwilhelm unter einen von der Staatsanwaltschaft vorbereiteten
Beschlußvorschlag setzt. Das geht schief, und zwar zu häufig.
Post by Thomas HochsteinPost by Marc HaberUnd dass Durchsuchungsbeschlüsse auch mal rechtswidrig sein können,
hat ein öffentlichkeitswirksames Verfahren des AG Augsburg ja kürzlich
sehr deutlich gezeigt.
Ja, das kommt vor. (Ich wage allerdings die Vermutung, dass die
vollständige Abfassung der Beschlüsse durch den Richter das nicht
verbessern würde. Jedenfalls anfänglich vermutlich eher im Gegenteil.)
Dann hakt das aber an der Richterausbildung, und zwar jetzt schon. Ein
Richter, der einen Durchsuchungsbeschluss selbst rechtswidrig
formuliert, wird einen solchen auch unterschreiben, ohne die
Rechtswidrigkeit zu erkennen.
Und dann haben wir natürlich noch das nächste Problem, dass die
Polizei von Zeit zu Zeit auch mal mehr durchsucht, als im Beschluß
steht, später dann das Gegenteil behauptet und solche Vorgänge
folgenlos bleiben. Das führt dann zu erschreckenden Zahlen im
Politbarometer. Selbst ich verliere so langsam das Vertrauen in den
Rechtsstaat.
Grüße
Marc
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