Discussion:
Klimakleber nicht am Tod schuldig
(zu alt für eine Antwort)
Wolfgang Fieg
2023-04-14 09:08:59 UTC
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"Die Radfahrerin wäre auch gestorben, wenn die Feuerwehr mit dem
Rettungsfahrzeug eher am Unfallort gewesen wäre"
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/sta-berlin-keine-anklage-klimakleber-wegen-fahrlaessiger-toetung/
Das Gericht wusste also, wie der Zustand des Opfers war, welche Chancen
und Vorerkrankung es hatte und wie das Schicksal entschieden hatte. Oder
es will aus politischen Gründen radikale Protestler schützen.
Absurder wird es heute nicht mehr...
FW
Wenn ich es richtig verstanden habe, wird die Staatsanwaltschaft ja
Anklage erheben, wenn auch nicht wegen eines Tötungsdelikts, so doch
wegen Nötigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt. Wenn ich die
Kommentarliteratur zur StPO richtig verstanden habe, können sich die
Hinterbliebenen der zu Tode gekommenen Frau als Nebenkläger anschließen.
Sie können behaupten, es läge ein Tötungsdelikt vor; an die rechtliche
Berwertung der Staatsanwaltschaft sind sie nicht gebunden, der Richter
schon gar nicht.

Übrigens ist es auch möglich, dass das Gericht selbst die Rechtslage
anders bewertet, als die Staatsanwaltschaft. Auch dann ist eine
Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts möglich - vorausgesetzt, das
Gericht hat auf diese Möglichkeit hingewiesen.

Allerdings: Selbst wenn die Frau bei früherem Eintreffen des
Rettungsfahrzeugs hätte gerettet werden können und selbst, wenn das
verspätetete Eintreffen durch die Klebeaktion objektiv vereitelt worden
wäre, selbst dann ergäbe sich allein daraus noch nicht zwingend die
strafrechtliche Zurechenbarkeit der Todesfolge zu der Klebeaktion.

Also: Warten wir es mal ab, statt hier zu spekulieren.

Übrigens erinnere ich mich gut, als die außerparlamentarische Opposition
in den 1970er Jahren nach den Schüssen auf Rudi Dutschke die
Auslieferung von Springers Hetzblatt BILD in Frankfurt am Main, Berlin
usw. verhindert hat. Das waren natürlich Straftaten: Nötigung, Auflauf
(war damals kein Gericht aus dem Backofen, sondern eine Straftat),
Landfriedensbruch usw. Aber, auf zwei Dinge wurde peinlich genau
gachtet: Dass kein Druckereiarbeiter, dessen Schicht während der
Blockade begann, am Erreichen seines Arbeitsplatzes gehindert wurde und,
dass kein Druckereiarbeiter nach Schichtende gehindert wurde, in den
wohlverdienten Feierabend zu kommen. Die Angehörigen der eigenen Klasse
durften nie die Leidtragenden des Protestes sein. Das unterscheidet die
APO-Leute von damals von den Klimaklebern von heute: Erstere hatten
Klassenbewusstsein, auch wenn sie meist objektiv nicht zur Klasse
gehörten, letztere wissen oft gar nicht, was das ist.

Wolfgang
Stefan Schmitz
2023-04-14 12:37:52 UTC
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Post by Wolfgang Fieg
Wenn ich es richtig verstanden habe, wird die Staatsanwaltschaft ja
Anklage erheben, wenn auch nicht wegen eines Tötungsdelikts, so doch
wegen Nötigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt. Wenn ich die
Kommentarliteratur zur StPO richtig verstanden habe, können sich die
Hinterbliebenen der zu Tode gekommenen Frau als Nebenkläger anschließen.
Sie können behaupten, es läge ein Tötungsdelikt vor; an die rechtliche
Berwertung der Staatsanwaltschaft sind sie nicht gebunden, der Richter
schon gar nicht.
Kann wirklich eine Verurteilung wegen eines völlig anderen Tatbestands
erfolgen, sobald man nur wegen irgendetwas angeklagt ist, das bei
gleicher Gelegenheit begangen wurde?
Wolfgang Fieg
2023-04-14 12:52:37 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Kann wirklich eine Verurteilung wegen eines völlig anderen Tatbestands
erfolgen, sobald man nur wegen irgendetwas angeklagt ist, das bei
gleicher Gelegenheit begangen wurde?
Nicht wegen einer anderen Tat, sondern unter einem anderen rechtlichen
Gesichtspunkt und nicht "bei gleicher Gelegenheit", sondern durch das
angeklagte Tatgeschehen.

Wolfgang
Stefan Schmitz
2023-04-14 13:01:45 UTC
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Post by Wolfgang Fieg
Post by Stefan Schmitz
Kann wirklich eine Verurteilung wegen eines völlig anderen Tatbestands
erfolgen, sobald man nur wegen irgendetwas angeklagt ist, das bei
gleicher Gelegenheit begangen wurde?
Nicht wegen einer anderen Tat, sondern unter einem anderen rechtlichen
Gesichtspunkt und nicht "bei gleicher Gelegenheit", sondern durch das
angeklagte Tatgeschehen.
Wenn nur das Geschehen am Ort des Klebens (Nötigung und Widerstand)
angeklagt ist, wie will man daraus eine Verurteilung wegen eines Todes
anderswo konstruieren?
Wolfgang Fieg
2023-04-14 14:35:07 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Post by Wolfgang Fieg
Post by Stefan Schmitz
Kann wirklich eine Verurteilung wegen eines völlig anderen
Tatbestands erfolgen, sobald man nur wegen irgendetwas angeklagt ist,
das bei gleicher Gelegenheit begangen wurde?
Nicht wegen einer anderen Tat, sondern unter einem anderen rechtlichen
Gesichtspunkt und nicht "bei gleicher Gelegenheit", sondern durch das
angeklagte Tatgeschehen.
Wenn nur das Geschehen am Ort des Klebens (Nötigung und Widerstand)
angeklagt ist, wie will man daraus eine Verurteilung wegen eines Todes
anderswo konstruieren?
Ja, das ist allerdings ein Problem. Wenn meine Lösung nicht möglich
wäre, bliebe den Angehörigen der Getöteten nur das
Anklageerzwingungsverfahren, denn sonst würden sie sich ja schlechter
stellen, als wenn die StA überhaupt keine Anklage erhoben hätten.

Wolfgang
Stefan Schmitz
2023-04-14 15:31:04 UTC
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Post by Wolfgang Fieg
Post by Stefan Schmitz
Post by Wolfgang Fieg
Post by Stefan Schmitz
Kann wirklich eine Verurteilung wegen eines völlig anderen
Tatbestands erfolgen, sobald man nur wegen irgendetwas angeklagt
ist, das bei gleicher Gelegenheit begangen wurde?
Nicht wegen einer anderen Tat, sondern unter einem anderen
rechtlichen Gesichtspunkt und nicht "bei gleicher Gelegenheit",
sondern durch das angeklagte Tatgeschehen.
Wenn nur das Geschehen am Ort des Klebens (Nötigung und Widerstand)
angeklagt ist, wie will man daraus eine Verurteilung wegen eines Todes
anderswo konstruieren?
Ja, das ist allerdings ein Problem. Wenn meine Lösung nicht möglich
wäre, bliebe den Angehörigen der Getöteten nur das
Anklageerzwingungsverfahren, denn sonst würden sie sich ja schlechter
stellen, als wenn die StA überhaupt keine Anklage erhoben hätten.
Inwiefern wären sie ohne Anklage besser dran?
Wolfgang Fieg
2023-04-14 15:50:56 UTC
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Post by Stefan Schmitz
Post by Wolfgang Fieg
Ja, das ist allerdings ein Problem. Wenn meine Lösung nicht möglich
wäre, bliebe den Angehörigen der Getöteten nur das
Anklageerzwingungsverfahren, denn sonst würden sie sich ja schlechter
stellen, als wenn die StA überhaupt keine Anklage erhoben hätten.
Inwiefern wären sie ohne Anklage besser dran?
Na ja, weil ihnen dann nach erfolgloser Beschwerde gegen die Einstellung
des Ermittlungsverfahrens das Klageerzwingungsverfahren zum OLG
zustünde. Aber wie gesagt, ich meine, dass das auch in dem Falle gelten
muss, in dem eine Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts eben dehalb
ausscheidet, weil die Todesfolge nicht zu dem angeklagten
Geschehensablauf gehört.

Wolfgang
Heinz Schmitz
2023-04-14 16:21:00 UTC
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Post by Wolfgang Fieg
...
Die Angehörigen der eigenen Klasse
durften nie die Leidtragenden des Protestes sein. Das unterscheidet die
APO-Leute von damals von den Klimaklebern von heute: Erstere hatten
Klassenbewusstsein, auch wenn sie meist objektiv nicht zur Klasse
gehörten, letztere wissen oft gar nicht, was das ist.
Damals glaubten die Typen an angebliche Klassen, und heute glauben
sie an angebliche CO2-Klassen. Zugehörigkeiten werden heute ebenso
willkürlich festgelegt wie damals.

Grüße,
H.
Thomas Hochstein
2023-04-14 17:34:41 UTC
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Post by Wolfgang Fieg
Wenn ich es richtig verstanden habe, wird die Staatsanwaltschaft ja
Anklage erheben, wenn auch nicht wegen eines Tötungsdelikts, so doch
wegen Nötigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt.
Man darf hoffen, dass sie wenn, dann den Vorwurf des Widerstands gegen
Vollstreckungsbeamte erhebt.
Post by Wolfgang Fieg
Übrigens ist es auch möglich, dass das Gericht selbst die Rechtslage
anders bewertet, als die Staatsanwaltschaft. Auch dann ist eine
Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts möglich - vorausgesetzt, das
Gericht hat auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Nicht wirklich - jedenfalls nicht durch das Gericht, zu dem die
Staatsanwaltschaft Anklage erheben (oder bei dem sie den Erlass eines
Strafbefehls beantragen) wird.

-thh
Stefan+ (Stefan Froehlich)
2023-04-15 08:11:31 UTC
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Post by Thomas Hochstein
Post by Wolfgang Fieg
Übrigens ist es auch möglich, dass das Gericht selbst die
Rechtslage anders bewertet, als die Staatsanwaltschaft. Auch dann
ist eine Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts möglich -
vorausgesetzt, das Gericht hat auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Nicht wirklich - jedenfalls nicht durch das Gericht, zu dem die
Staatsanwaltschaft Anklage erheben (oder bei dem sie den Erlass
eines Strafbefehls beantragen) wird.
Hierzulande würde das Gericht seine Nichtzuständigkeit aussprechen,
weil es aus den in der Hauptverhandlung hervorgegangenen Umständen
die Möglichkeit eines Tötungsdelikts und damit die Zuständigkeit
eines Geschworenengerichts in Betracht zieht.

Wenn die Staatsanwaltschaft diese Möglichkeit weiterhin rundheraus
ablehnt: keine Ahnung, was dann vor dem Geschworenengericht
passiert. In den paar (einzelnen) Fällen, wo mir so etwas
untergekommen ist, war man sich wohl einig.

Servus,
Stefan
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Bumsen in Hülle und Fülle - Stefan, so pummelig wie die Nacht!
(Sloganizer)
Ulf Kutzner
2023-04-15 08:17:28 UTC
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Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)
Post by Thomas Hochstein
Post by Wolfgang Fieg
Übrigens ist es auch möglich, dass das Gericht selbst die
Rechtslage anders bewertet, als die Staatsanwaltschaft. Auch dann
ist eine Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts möglich -
vorausgesetzt, das Gericht hat auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Nicht wirklich - jedenfalls nicht durch das Gericht, zu dem die
Staatsanwaltschaft Anklage erheben (oder bei dem sie den Erlass
eines Strafbefehls beantragen) wird.
Hierzulande würde das Gericht seine Nichtzuständigkeit aussprechen,
weil es aus den in der Hauptverhandlung hervorgegangenen Umständen
die Möglichkeit eines Tötungsdelikts und damit die Zuständigkeit
eines Geschworenengerichts in Betracht zieht.
Hier:
https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__270.html

Gruß, ULF

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