Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)Du kannst die Person zwar von der Straße entfernen. Wie aber
verhinderst Du dass sich die Person sofort wieder auf die Straße
begibt während Du zu Deinem Auto zurück kehrst?
Mich als des deutschen Rechts weitgehend unkundigen würde ja
zunächst einmal interessieren, inwiefern eine Straßenblockad,
egal ob mit oder ohne Kleber, wirklich die (bei uns nicht durch
Notwehr geschützte) Fortbewegungsfreiheit des anderen verletzt.
Wie kommst du darauf, dass die bei euch nicht geschützt sei? In
deinem Zitat eurer Notwehrdefinition ist doch auch die Freiheit
aufgeführt. Ich fände es erstaunlich, wenn darunter nicht die
Fortbewegungsfreiheit fiele.
Leider scheint es dazu keine Judikatur zu geben. Unser RIS findet
lediglich zwei höchstgerichtliche Entscheidungen zur Notwehr im
Kontext von "Freiheit", eine bejahende:
[15Os136/96]
| Faustschläge gegen einen nachts im Zimmer des siebenjährigen
| (bereits gefesselten und geknebelten) Sohnes betretenen körperlich
| überlegenen und bewaffneten Einbrecher sind als zur Abwehr des
| rechtswidrigen Angriffes (insbesondere) auf die Freiheit und
| körperliche Integrität des Kindes notwendige und angemessene
| Handlungen (§ 3 Abs 1 StGB).
Und eine (wegen Notwehrexzess) verneinende:
[10Os89/83]
| Hochreißen beider Arme zur Befreiung aus einem Festhaltegriff mit
| in Händen gehaltenen Schistöcken, deren Spitzen nach oben
| gerichtet sind und hiebei stoßartig gegen das Gesicht des
| Angreifers wirken, überschreitet die Grenzen notwendiger
| Verteidigung gegen einen Angriff auf die persönliche Freiheit.
(Schöffen und Höchstgericht waren hier beide der Meinung, der
alkoholisierte Täter hätte seine Sorgfaltspflicht ausser acht
gelassen und vor seiner Notwehrhandlung die Schistöcke fallen lassen
müssen; er wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe
von 200 Tagsätzen verurteilt)
In beiden Fällen ist die "Freiheit" aber so eng definiert, wie ich
das hierzulande bisher auch stets verstanden hatte. Weiters gibt es
noch ein ganz interessantes Urteil aus dem Jahr 1969, das zeigt, wie
durchaus eng man Notwehr gegen sexuelle Übergriffe damals ausgelegt
hat:
[12Os31/69]
| Die weibliche Geschlechtsehre ist ein notwehrfähiges Rechtsgut,
| soweit ein Angriff auf sie einen Angriff auf Leben oder Freiheit
| enthält (zB bei Notzucht).
Die Geschlechtsehre per se darf man also nicht verteidigen, solange
nicht Freiheit oder Leben in Gefahr sind. Das könnte heute auch
anders gesehen werden.
Post by Stefan+ (Stefan Froehlich)| Unter die positive Bewegungsfreiheit fällt unstreitig die
| Freiheit des Einzelnen, sich von einem Ort fortzubewegen und
| jeden beliebigen anderen Ort aufzusuchen (sog.
| Fortbewegungsfreiheit). Dort, wo man nicht bleiben will, muss
| man auch nicht bleiben.
Nun steht da vor mir jemand auf der Straße, die ich gerade entlang
fahren wollte und lässt mich nicht durch. Doof, das ist ja
eigentlich nicht (ohne weiteres) erlaubt... aber ich kann z.B.
jederzeit umdrehen und einen anderen Weg nehmen.
Kannst du z.B. auf der Autobahn nicht.
Gibt's bei euch denn Klimaproteste auf Autobahnen? Das ist hier eher
(vermutlich wegen akuter Lebensgefahr der Protestierenden) unüblich,
wenigstens ist mir derartiges nie aufgefallen.
Oder wenn hinter dir ein Stau ist.
Außerdem könnte das Ziel nur in der geplanten Richtung mit
vertretbarem Aufwand erreichbar sein.
Ich hielte "Notwehr" ja eher für die ultima ratio, als für ein
Mittel zur Durchsetzung der Freiheit auf eigene Bequemlichkeit. Aber
wenn das ein Gericht anders sieht, dann ist das natürlich so.
Servus,
Stefan
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