Discussion:
Polizeiruf110: Verstoß gegen Vertraulichkeit des Worts als Beweis verwendbar?
(zu alt für eine Antwort)
Reinhard Zwirner
2022-01-10 12:01:08 UTC
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Hi,

kurz für die, die den gestrigen Polizeiruf 110 nicht gesehen haben:
eine Kommissarin hatte einen mehrfachen Frauenmörder mit
manipulierten Beweisen hinter Gitter gebracht; dies hatte sie in
einem Gespräch mit ihm auch eingeräumt - allerdings hatte er diese
Unterhaltung aufgezeichnet. Nun soll sie mit dieser rechtswidrigen
Aufnahme erpresst werden.

IIRC dürfen im Rahmen einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung gefundene
Beweise für andere Straftaten in diesbezüglichen Verfahren durchaus
genutzt werden. Gälte das auch in dem geschilderten Fall?

Fragt

Reinhard
Thomas Hochstein
2022-01-15 09:10:09 UTC
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Post by Reinhard Zwirner
eine Kommissarin hatte einen mehrfachen Frauenmörder mit
manipulierten Beweisen hinter Gitter gebracht; dies hatte sie in
einem Gespräch mit ihm auch eingeräumt - allerdings hatte er diese
Unterhaltung aufgezeichnet. Nun soll sie mit dieser rechtswidrigen
Aufnahme erpresst werden.
Das hängt wie immer u.a. von der Schwere des Verstoßes und der Schwere
der Straftat ab.

Strafverfolgungsbehörden ist es auch in Fällen der Schwerkriminalität
grundsätzlich verwehrt, über die gesetzlichen Regelungen (TKÜ, "großer"
und "kleiner Lauschangriff") hinaus das nichtöffentlich gesprochene Wort
des Beschuldigten mit einer verborgenen Anlage aufzunehmen, um diese
Aufnahme als Beweismittel zu verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 09.04.1986,
3 StR 551/85). Das erscheint mir auch folgerichtig, sonst liefen die
ausdifferenzierten (und in der Regel verfassungsgerichtlich überprüften)
Vorschriften weitgehend leer.

Das BVerfG hat vor rund 50 Jahren die Verwertung einer privaten
heimlichen Tonaufnahme für Strafverfolgungszwecke nicht in jedem Fall
als unzulässig erachtet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.01 1973, 2 BvR
454/71). Die Entscheidung stellt die Abwägungskriterien für ein
Verwertungsverbot recht verständlich dar.

Grüße,
-thh
--
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Reinhard Zwirner
2022-01-17 01:08:09 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Reinhard Zwirner
eine Kommissarin hatte einen mehrfachen Frauenmörder mit
manipulierten Beweisen hinter Gitter gebracht; dies hatte sie in
einem Gespräch mit ihm auch eingeräumt - allerdings hatte er diese
Unterhaltung aufgezeichnet. Nun soll sie mit dieser rechtswidrigen
Aufnahme erpresst werden.
Das hängt wie immer u.a. von der Schwere des Verstoßes und der Schwere
der Straftat ab.
Na ja, lt. dem Szenario wurde ja ein tatsächlich Schuldiger
verurteilt, wenn auch auf Basis gefälschter Beweise.
Post by Thomas Hochstein
Strafverfolgungsbehörden ist es auch in Fällen der Schwerkriminalität
grundsätzlich verwehrt, über die gesetzlichen Regelungen (TKÜ, "großer"
und "kleiner Lauschangriff") hinaus das nichtöffentlich gesprochene Wort
des Beschuldigten mit einer verborgenen Anlage aufzunehmen, um diese
Aufnahme als Beweismittel zu verwenden (vgl. BGH, Urteil vom 09.04.1986,
3 StR 551/85). Das erscheint mir auch folgerichtig, sonst liefen die
ausdifferenzierten (und in der Regel verfassungsgerichtlich überprüften)
Vorschriften weitgehend leer.
Hier waren es allerdings nicht irgendwelche Behörden, sondern ein
Mörder, der ein Telefonat mit ihm mitgeschnitten hatte.
Post by Thomas Hochstein
Das BVerfG hat vor rund 50 Jahren die Verwertung einer privaten
heimlichen Tonaufnahme für Strafverfolgungszwecke nicht in jedem Fall
als unzulässig erachtet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.01 1973, 2 BvR
454/71). Die Entscheidung stellt die Abwägungskriterien für ein
Verwertungsverbot recht verständlich dar.
Na ja, ich finde, ein pfiffiges Gericht wird es wohl fast immer
schaffen, unter Bezugnahme auf die dort dort genannten Grundsätze zu
begründen, warum gerade in dem vor ihm verhandelten Fall die
Verwertung gerechtfertigt ist.

Auf alle Fälle dankt für die Hinweise

Reinhard

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