Post by Stefan SchmitzPost by Thomas HochsteinDie mögliche Straflosigkeit der Vergeltung einer Beleidigung durch
Körperverletzung oder umgekehrt (Retorsion), die bis zur Strafrechtsreform
1998 in § 233 StGB geregelt war, gibt es in dieser Form nicht mehr; es
bleibt nur noch die mögliche Straflosigkeit einer wechselseitigen
Beleidigung.
Warum hat man das abgeschafft?
Das müsste man nachlesen.
Ein - richtiges - Thema war damals die als unpassend empfundene Gewichtung
zwischen der Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter (namentlich der
körperlichen Unversehrtheit) und der Verletzung bspw. des Eigentums, was
zu einer Anpassung der Strafrahmen geführt hat. Es liegt nahe, dass man es
als unangemessen empfand, eine Körperverletzung einer Beleidigung
gleichzustellen, und die Vorschrift deshalb abgeschafft hat.
Das Kampagnenthema "Hatespeech" ist auch jüngeren Datums; in früheren
Jahrzehnten wurde im Gegenteil eher argumentiert, ein besonderer
strafrechtlicher Schutz der Ehre entspringe veraltetenen, längst
überwundenen Vorstellungen, sei nicht mehr zeitgemöß, und die Strafbarkeit
der Beleidigung sei zu Gunsten der Redefreiheit abzuschaffen ("Sticks and
stones may break my bones, but words will never hurt me."). Derzeit
schwingt das Pendel wieder in die andere Richtung.
-thh