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Neues im Straf(prozessrecht) 2020-2021 (6/6)
(zu alt für eine Antwort)
Thomas Hochstein
2022-01-09 13:11:47 UTC
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In dieser Reihe stelle ich zum Jahreswechsel die (relevanten) Änderungen
im Strafrecht und Strafprozessrecht der Jahre 2020-2021 im Überblick
dar; vielleicht interessiert es ja den einen oder die andere.

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Der sechste und letzte Teil dieser Reihe behandelt die verbleibenden
Änderungen im Straf- und Strafprozessrecht in geraffter Form.

Geldwäsche
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Das "Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der
Geldwäsche" [1] erweitert seit März 2021 die Strafbarkeit der
Geldwäsche, indem auf die bisherige Liste tauglicher Vortaten verzichtet
wird, so dass *jeder* "Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat
herrührt", taugliches Tatobjekt der neugefassten Vorschrift ist.

[1] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../268542>


Bekämpfung von Betrug und Fälschung bei unbaren Zahlungsmitteln
===============================================================

Das "61. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung der
Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
17. April 2019 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang
mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses
2001/413/JI des Rates" [2] passt die entsprechenden Vorschriften durch
Aufnahme "anderer körperlicher unbarer Zahlungsinstrumente" und
Streichung der Vorschriften über "Euroscheckvordrucke" und
"Euroscheckkarten" der heutigen Zeit an und schafft mit § § 152c StGB
eine neue Strafvorschrift:

| § 152c: Vorbereitung des Diebstahls und der Unterschlagung von
| Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren
| Zahlungsinstrumenten
|
| (1) Wer eine Straftat nach § 242 oder § 246, die auf die Erlangung
| inländischer oder ausländischer Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder
| anderer körperlicher unbarer Zahlungsinstrumente gerichtet ist,
| vorbereitet, indem er
|
| 1. Computerprogramme oder Vorrichtungen, deren Zweck die Begehung einer
| solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft oder
| einem anderen überlässt oder
|
| 2. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer
| solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen
| verschafft oder einem anderen überlässt,
|
| wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
| bestraft.

[2] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../269712>


Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern
=================================================

Das "Gesetz zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder
des Deutschen Bundestages und zur Anhebung des Strafrahmens des § 108e
des Strafgesetzbuches" [3] erhöht strafrechtlich ab dem 19.10.2021 den
Strafrahmen des § 108e StGB ("Bestechlichkeit und Bestechung von
Mandatsträgern").

[3] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../276851>


Kronzeugenregelung im Anti-Doping-Gesetz
========================================

Mit dem "Gesetz zur Änderung des Anti-Doping-Gesetzes" [4] wurde zum
01.10.2021 eine Kronzeugenregelung eingeführt.

[4] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../275871>


Fälschung von Impfnachweisen
============================

Das "Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer
Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage
von nationaler Tragweite" [5] hat sich mit Wirkung zum 24.11.2021 des
historisch bedingten, unglücklichen Konkurrenzverhältnisses von §§ 277,
279 StGB einer- und § 267 StGB andererseits angenommen und die damit
verbundenen Strafbarkeitslücken geschlossen.

§ 277 StGB erfasst jetzt nicht mehr die (Total-)Fälschung von
Gesundheitszeugnissen, sondern nur noch die falsche Angabe, der
Aussteller sei Arzt o.ä. und ist ausdrücklich ggü. § 267 StGB, der
Urkundefälschung, subsidiär. Totalfälschungen und Verfälschungen von
Impfpässen und Impfnachweisen sind daher nunmehr ganz normale
Urkundenfälschungen. Außerdem sind nunmehr besonders schwere Fälle für
gewerbs- und bandenmäßige Impfnachweisfälschungen vorgesehen.

Zugleich wurden Vorbereitungshandlungen durch Ergänzung von § 275 StGB
durch einen Abs. 1a erfasst:

| Wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem
| er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung
| dokumentiert oder einen auf derartige Weise ergänzten
| Blankett-Impfausweis sich oder einem anderen verschafft, feilhält,
| verwahrt, einem anderen überlässt oder einzuführen oder auszuführen
| unternimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
| Geldstrafe bestraft.

§ 279 StGB (der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) hat ebenfalls
eine Subsidiaritätsklausel erhalten; auch insoweit ist also im Zweifel
die Urkundenfälschung vorrangig. In beiden Vorschriften (§ 277 und " 279
StGB) ist zudem die Beschränkung auf die Verwendung ggü. Behörden und
Versicherungsgesellschaften entfallen. Auch der Arbeitnehmer, der
wissentlich eine unrichtige Krankschreibung verwendet, macht sich also
nunmehr strafbar.

Und wo man schon einmal dabei war, hat § 278 StGB, der das "Ausstellen
unrichtiger Gesundheitszeugnisse", also falsche Atteste, Impfnachweise
pp. durch Ärzte mit Strafe bedroht, nicht nur ebenfalls die
Einschränkung auf den vorgesehenen "Gebrauch bei einer Behörde oder
Versicherungsgesellschaft" verloren, sondern auch den Passus "wider
besseres Wissen". Jetzt sind also nicht mehr nur bewusst (mit direktem
Vorsatz) falsch ausgestellte oder ohne Untersuchung "ins Blaue hinein"
erstellte Atteste pp. strafbar, sondern es genügt bedingter Vorsatz,
also das Wissen, dass das Attest falsch sein kann, und die Inkaufnahme
dieser Unrichtigkeit.

[5] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../282657>


Unterbrechungen der Hauptverhandlung wegen Infektionsschutzmaßnahmen
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Das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-,
Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" [6] ab Ende März 2020 die
Unterbrechung strafrechtlicher Hauptverhandlungen wegen
Infektionsschutzmaßnahmen ermöglicht, und zwar durch einen neuen § 10
EGStPO:

| (1) Unabhängig von der Dauer der Hauptverhandlung ist der Lauf der in §
| 229 Absatz 1 und 2 der Strafprozessordnung genannten
| Unterbrechungsfristen gehemmt, solange die Hauptverhandlung aufgrund
| von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen
| mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) nicht durchgeführt werden
| kann, längstens jedoch für zwei Monate; diese Fristen enden frühestens
| zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt
| das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.
|
| (2) Absatz 1 gilt entsprechend für die in § 268 Absatz 3 Satz 2 der
| Strafprozessordnung genannte Frist zur Urteilsverkündung.

[6] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../260576>


Europäische Staatsanwaltschaft sowie rechtliche Zusammenarbeit
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Mit dem "Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates
vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit
zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft und zur Änderung
weiterer Vorschriften" [7] vom 10.07.2020 wurde die Errichtung der
Europäischen Staatsanwaltschaft durch das EUStAG ("Europäische-
Staatsanwaltschaft-Gesetz") und die Einfügung von § 142b GVG
("Europäische Staatsanwaltschaft") umgesetzt.

Mit dem "6. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die internationale
Rechtshilfe in Strafsachen" [8] folgten im November/Dezember 2020 die
Umsetzung der "Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die gegenseitige
Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen" und eine
Entlastung der erichte und des Bundesamtes für Justiz in
Vollstreckungshilfeverfahren durch Änderungen des Gesetzes über die
internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).

[7] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../258653>

[8] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../261559>


Information der Strafverfolgungsbehörden über Postsendungen
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Post- und Paketdienstleister durften bereits bisher ohne Verstoß gegen
das Postgeheimnis Sendungen öffnen, um

- bei entgeltbegünstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher
Voraussetzungen zu prüfen,

- den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern,

- den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfänger oder Absender einer
unanbringlichen Postsendung zu ermitteln,

und

- körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für
Personen und Sachen ausgehen.

Das "Gesetz zur Verbesserung der Strafverfolgung hinsichtlich des
Handels mit inkriminierten Gütern unter Nutzung von Postdienstleistern
sowie zur Änderung weiterer Vorschriften" [9] verpflichtet die
Unternehmen seit März 2021 nunmehr, die Polizei zu verständigen und
dieser die Sendungen auszuhändigen, wenn sich daraus Anhaltspunkte für,
strafbare Handlungen nach dem BtMG, Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz, dem
Grundstoffüberwachungsgesetz, dem AMG, dem Anti-Doping-Gesetz, dem
WaffG, dem SprenG, dem Kriegswaffenkontrollgesetz oder dem
Ausgangsstoffgesetz ergeben, also wenn - kurz und unzulässig
vereinfachend - Arzneimittel, Drogen, Waffen oder Bomben geschmuggelt
werden sollen.

[9] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../259578>


Auskunft über Bestands- und Nutzungsdaten von Telemediendiensten
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Mit dem "Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die
Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020" [10] wurden mit Wirkung ab
April 2021 in Umsetzung der "Doppeltür"-Rechtsprechung des BVerfG nicht
nur in diversen Gesetzen Vorschriften zu Auskunftsverlangen über
Bestandsdaten ergänzt, sondern auch in der StPO Vorschriften über die
"Erhebung von Nutzungsdaten bei Telemediendiensten" (und für
Bestandsdaten) geschaffen. § 100j StPO wurde um Bestandsdaten von
Telemediendiensten ergänzt, und der neue § 100k StPO ist die Paralle zu
§ 100g StPO für Telemediendienste. Hintergrund war vor allem, dass nach
dem Urteil des EuGH vom 03.06.2019 - C-193/18 Zweifel bestanden,
inwieweit die Kommunikation über soziale Netzwerke (Facebook-Messenger,
Twitter Direct Messages) und andere Dienste "Telekommunikationsdienste"
im Sinne des § 100g StPO darstellt. Daher wurden eigene Normen zu
Telemediendiensten geschaffen.

[10] <https://dip.bundestag.de/vorgang/.../271425>


Telekommunikationsmodernisierungsgesetz und TTDSG
=================================================

Mit dem Telekommunikationsmodernisierungsgesetz und dem "Gesetz über den
Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und
bei Telemedien", kurz "Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz",
noch kürzer TTDSG wurden die Regelungen zum Telekommunkationsgeheimnis
und zu Verkehrs- und Standortdaten aus dem TKG in das neue TTDSG
ausgelagert; außerdem wurden die Paragraphen im TKG neu durchnummeriert.
Damit ergaben sich Folgeänderungen in den Vorschriften der StPO zur
Erhebung von Daten.

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Die in Bezug genommenen gesetzlichen Regelungen finden sich bspw. bei
<https://buzer.de/>.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Stefan Schmitz
2022-01-09 14:29:46 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Das "Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der
Geldwäsche" [1] erweitert seit März 2021 die Strafbarkeit der
Geldwäsche, indem auf die bisherige Liste tauglicher Vortaten verzichtet
wird, so dass *jeder* "Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat
herrührt", taugliches Tatobjekt der neugefassten Vorschrift ist.
§ 261 I StGB: Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat
herrührt,
[..]
3. sich oder einem Dritten verschafft
[...]

Ist damit nicht der Tatbestand der Hehlerei auch erfasst und § 259
überflüssig geworden?
Post by Thomas Hochstein
| § 152c: Vorbereitung des Diebstahls und der Unterschlagung von
| Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren
| Zahlungsinstrumenten
|
| (1) Wer eine Straftat nach § 242 oder § 246, die auf die Erlangung
| inländischer oder ausländischer Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder
| anderer körperlicher unbarer Zahlungsinstrumente gerichtet ist,
| vorbereitet, indem er
|
| 1. Computerprogramme oder Vorrichtungen, deren Zweck die Begehung einer
| solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft oder
| einem anderen überlässt oder
|
| 2. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer
| solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen
| verschafft oder einem anderen überlässt,
|
| wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
| bestraft.
Was ist bei Nr. 2 mit "herstellen" gemeint? Man kann Passwörter
ausspähen oder verändern. Herstellen kann man nach meinem Verständnis
nur Accounts, auf deren Passwort man dann Zugriff hat.
Post by Thomas Hochstein
Das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-,
Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" [6] ab Ende März 2020 die
Unterbrechung strafrechtlicher Hauptverhandlungen wegen
Infektionsschutzmaßnahmen ermöglicht, und zwar durch einen neuen § 10
Warum schreibt man das ins EGStPO und nicht in die StPO selbst? (Klar,
es wäre zusätzlicher Ballast, der in ein paar Jahren überflüssig wäre
und dann stören würde. Dann kann man ihn aber auch wieder streichen.)

Die Stellung dieser Einführungsgesetze in der Rechtssystematik ist mir
eh nicht ganz klar. Ursprünglich ging es wohl um Übergangsregelungen
beim erstmaligen Inkrafttreten des eigentlichen Gesetzes. Im EGBGB
findet man auch noch Regelungen, wann überhaupt deutsches Recht
anwendbar ist. Aber woher weiß man in anderen Fällen, ob man sich auf
das eigentliche Gesetz beschränken kann, oder zusätzlich im
entsprechenden EG nachschauen muss?
Ulf Kutzner
2022-01-13 17:14:14 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
| § 152c: Vorbereitung des Diebstahls und der Unterschlagung von
| Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren
| Zahlungsinstrumenten
|
| (1) Wer eine Straftat nach § 242 oder § 246, die auf die Erlangung
| inländischer oder ausländischer Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder
| anderer körperlicher unbarer Zahlungsinstrumente gerichtet ist,
| vorbereitet, indem er
|
| 1. Computerprogramme oder Vorrichtungen, deren Zweck die Begehung einer
| solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft oder
| einem anderen überlässt oder
|
| 2. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer
| solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen
| verschafft oder einem anderen überlässt,
|
| wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe
| bestraft.
Was ist bei Nr. 2 mit "herstellen" gemeint? Man kann Passwörter
ausspähen oder verändern. Herstellen kann man nach meinem Verständnis
nur Accounts, auf deren Passwort man dann Zugriff hat.
Computerlesbare Codierungen würden mir einfallen. Abgesehen davon:
Was macht Deiner Meinung nach ein Paßwortgenerator bei der Brute-
Force-Abfrage?
Thomas Hochstein
2022-01-15 09:02:03 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Ist damit nicht der Tatbestand der Hehlerei auch erfasst und § 259
überflüssig geworden?
Das passiert schon einmal, wenn der Gesetzgeber sehr eifrig ist. Die
Konkurrenzfragen hat die Rechtsprechung noch nicht geklärt (klar, dafür
ist die Vorschrift zu neu), aber ja, praktisch jeder Hehlerei dürfte
jetzt auch Geldwäsche sein.
Post by Stefan Schmitz
Was ist bei Nr. 2 mit "herstellen" gemeint? Man kann Passwörter
ausspähen oder verändern.
Ich würde vermuten, dass Ulf da auf der richtigen Fährte ist.

Der Begründung des Gesetzentwurfs kann man nur entnehmen, dass die
genannten "Passwörter und Sicherungscodes grundsätzlich nicht für
bestimmte Zwecke hergestellt oder konzipiert werden", so dass im Ggs.
zur Nr. 1 die Tateignung (nicht die Bestimmung zur Tat)
Tatbestandsmerkmal ist. Außerdem heißt es:

| Es muss dabei allerdings eine spezielle Eignung gerade für die
| Erlangung von einschlägigen Zahlungsinstrumenten gegeben sein.
| Passwörter zum Öffnen elektronisch gesicherter Türen oder zum
| Deaktivieren von Alarmanlagen erfüllen diese Voraussetzung nicht, auch
| wenn sie im Einzelfall bspw. für den Diebstahl von körperlichen unbaren
| Zahlungsinstrumenten eingesetzt werden können.

Möglicherweise fehlt mir auch einfach die Vorstellungskraft, wie man
körperliche unbare Zahlungsmittel durch Herstellen von Passworten
erlangt, wenn man dabei keine physischen Zugangshemmnisse überwindet.
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Das "Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-,
Insolvenz- und Strafverfahrensrecht" [6] ab Ende März 2020 die
Unterbrechung strafrechtlicher Hauptverhandlungen wegen
Infektionsschutzmaßnahmen ermöglicht, und zwar durch einen neuen § 10
Warum schreibt man das ins EGStPO und nicht in die StPO selbst? (Klar,
es wäre zusätzlicher Ballast, der in ein paar Jahren überflüssig wäre
und dann stören würde. Dann kann man ihn aber auch wieder streichen.)
Die Einführungsgesetze enthalten typischerweise Übergangsregelungen,
aber auch nur vorübergehend geltende Regelungen, mit denen man
insbesondere die "großen" Gesetzeswerke, also BGB/ZPO und StGB/StPO
nicht belasten will.
Post by Stefan Schmitz
Aber woher weiß man in anderen Fällen, ob man sich auf
das eigentliche Gesetz beschränken kann, oder zusätzlich im
entsprechenden EG nachschauen muss?
Man muss im Zweifelsfall immer im Einführungsgesetz nachschauen. ;)

Normalerweise bekommt man die Einführung solcher (Übergangs-)Regelungen
mit, heutzutage ja sowieso durch die vielfältigen Informationsquellen.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Ulf Kutzner
2022-01-16 18:42:42 UTC
Permalink
| Es muss dabei allerdings eine spezielle Eignung gerade für die
| Erlangung von einschlägigen Zahlungsinstrumenten gegeben sein.
| Passwörter zum Öffnen elektronisch gesicherter Türen oder zum
| Deaktivieren von Alarmanlagen erfüllen diese Voraussetzung nicht, auch
| wenn sie im Einzelfall bspw. für den Diebstahl von körperlichen unbaren
| Zahlungsinstrumenten eingesetzt werden können.
Möglicherweise fehlt mir auch einfach die Vorstellungskraft, wie man
körperliche unbare Zahlungsmittel durch Herstellen von Passworten
erlangt, wenn man dabei keine physischen Zugangshemmnisse überwindet.
Zumal da Diebstahl in der Vorstellung vieler Juristen zumindest
ohne nähere Bezeichnung mit beweglichen Sachen/körperlichen
Gegenständen verbunden sein dürfte.

Gut, zu denen gehörig und zugleich unbar dürften Zahlungskarten sein.
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