Discussion:
2 gelbe Briefe
(zu alt für eine Antwort)
Stefan Schmitz
2024-05-19 09:39:07 UTC
Permalink
Am Dienstag und am Samstag habe ich unerwartet je einen gelben Brief
(förmliche Zustellung) erhalten. Am Dienstag die Ladung als Zeuge zu
einer Hauptverhandlung, am Samstag die Umladung auf zwei Wochen später.

Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?

Witzig auch, dass als Grund für die Umladung "Verhinderung der Zeugen"
angegeben wird. Wenn jetzt am neuen Termin andere verhindert sind, muss
er vielleicht erneut verschoben werden.


Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht. Es geht um einen Raubüberfall vor fast 7 Jahren. Einen Täter
konnte ich damals auf Lichtbildern nicht identifizieren. Später hat man
wohl anhand von DNA-Spuren auf einem in Tatortnähe gefundenen Messer
jemanden identifiziert, der an etlichen anderen Taten beteiligt war.
Wohl hauptsächlich wegen dieser anderen Taten steht er vor Gericht. Ob
er auch in meinem Fall dabei war, ist völlig unklar. Was nützt es, wenn
ich die Tat von damals schildere, aber den Täter nicht wiedererkenne?

Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt. Wäre es für die Anklage nützlicher, wenn ich vor Gericht
sage, der Angeklagte könne es sein, aber ich sei mir nicht sicher, als
wenn ich das gleiche über ein Foto gesagt hätte? Oder hofft man darauf,
dass ich ihn im Gerichtssaal eher wiedererkenne als auf einem Bild?
Diedrich Ehlerding
2024-05-19 13:24:39 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?
Ja - man will ja möglichst sicherstellen, dass die auch kommen, und
wählt dafür den Weg, auf dem man das am ehesten sicherstellen kann.
Post by Stefan Schmitz
Witzig auch, dass als Grund für die Umladung "Verhinderung der Zeugen"
angegeben wird. Wenn jetzt am neuen Termin andere verhindert sind,
muss er vielleicht erneut verschoben werden.
Als derjenige Zeuge, der verhindert ist, bist du dankbar dafür, dass
verschoben wird. Ich hatte mal einen Unfall beobachtet, bei der der
Verursacher abgehauen war, hätte auch inhaltlich was aussagen können
(hatte mir das Kennzeichen gemerkt und auf der Polizeiwache berichtet)
und wurde als Zeuge geladen, für einen Termin in zwei Wochen, wollte
aber fünf Tage später eine bereits lange gebuchte Urlaubs-Fernreise
antreten, so dass der Prozesstermin mitten in diesem Urlaub gewesen wäre
und geriet daher etwas in Hektik ob der Drohungen, die dadrin standen,
wenn ich nicht käme. Aber ich konnte eine Verschiebung erreichen.

Und am Ersatztermin saß ich dann ne Stunde vor dem Verhandlungssaal rum,
dann kam da ein Justizbeamter raus und sagte "auf Zeugenvernehmungen
wurde verzichtet" (offenbar hat der Angeklagte alles zugegeben (in der
Ladung stand, dass eine Trunkenheitsfahrt mit Fahrerflucht angeklagt
war; vielleicht wurde der Geschädigte als Nebenkläger vorher vernommen).
--
gpg-Key (DSA 1024) D36AD663E6DB91A4
fingerprint = 2983 4D54 E00B 8483 B5B8 C7D1 D36A D663 E6DB 91A4
HTML-Mail wird ungeleſen entſorgt.
Thomas Homilius
2024-05-19 15:17:12 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Am Dienstag die Ladung als Zeuge
Wieso Zeuge? Du bist bei den Zeugenden Jehovas.
--
Thomas Homilius
E-Mail: ***@gmail.com | PGP-Key: 0xA5AD0637441E286F
Loading Image.../
https://www1.xup.in/exec/ximg.php?fid=15928715
http://paypal.me/ThomasHomilius
Rupert Haselbeck
2024-05-19 15:30:04 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Am Dienstag und am Samstag habe ich unerwartet je einen gelben Brief
(förmliche Zustellung) erhalten. Am Dienstag die Ladung als Zeuge zu
einer Hauptverhandlung, am Samstag die Umladung auf zwei Wochen später.
Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?
Da gibt es mindestens zwei denkbare Gründe. Der erste ist der, dass
dieser Zeuge bei einem früheren Termin nicht erschienen ist und jetzt
mit etwas mehr Nachdruck zu seinem Erscheinen angehalten werden soll.
Der zweite ist der Spleen manchen Richters, sicherstellen zu wollen,
dass ja auch wirklich alles an Ladungen bei den Empfängern ankomme und
seinem Terminplan möglichst keine Störungen durch nicht erschienene
Beteiligte und Zeugen widerfahren mögen
Post by Stefan Schmitz
Witzig auch, dass als Grund für die Umladung "Verhinderung der Zeugen"
angegeben wird. Wenn jetzt am neuen Termin andere verhindert sind, muss
er vielleicht erneut verschoben werden.
Das kommt vor und ist nicht wirklich vermeidbar
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht.
Darauf kommt es regelmäßig nicht an. Wer von einer der beteiligten
Seiten, sei es nun Staatsanwaltschaft oder Beschuldigter benannt wurde,
der wird zumeist auch geladen.

MfG
Rupert
Stefan Schmitz
2024-05-19 17:05:55 UTC
Permalink
Post by Rupert Haselbeck
Post by Stefan Schmitz
Am Dienstag und am Samstag habe ich unerwartet je einen gelben Brief
(förmliche Zustellung) erhalten. Am Dienstag die Ladung als Zeuge zu
einer Hauptverhandlung, am Samstag die Umladung auf zwei Wochen später.
Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?
Da gibt es mindestens zwei denkbare Gründe. Der erste ist der, dass
dieser Zeuge bei einem früheren Termin nicht erschienen ist und jetzt
mit etwas mehr Nachdruck zu seinem Erscheinen angehalten werden soll.
Kommt bei der ersten Ladung nicht in Frage.
Post by Rupert Haselbeck
Der zweite ist der Spleen manchen Richters, sicherstellen zu wollen,
dass ja auch wirklich alles an Ladungen bei den Empfängern ankomme und
seinem Terminplan möglichst keine Störungen durch nicht erschienene
Beteiligte und Zeugen widerfahren mögen
Kann man das denn so sicherstellen? Derjenige kann trotzdem den Termin
vergessen oder absichtlich nicht erscheinen. Nur eine Bestrafung ist
dann bei nachgewiesenem Zugang leichter.
Post by Rupert Haselbeck
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht.
Darauf kommt es regelmäßig nicht an. Wer von einer der beteiligten
Seiten, sei es nun Staatsanwaltschaft oder Beschuldigter benannt wurde,
der wird zumeist auch geladen.
Zumeist heißt, dass sich das Gericht auch selbst überlegt, ob es ihn
braucht.
Auch derjenige, der einen Zeugen benennt, verspricht sich etwas davon.
Am ehesten würde ich vermuten, dass der Beschuldigte hofft, den
Tatvorwurf loszuwerden, wenn ich ihn nicht erkenne. Aber warum klagt die
Staatsanwaltschaft überhaupt eine Tat an, ohne zu wissen, ob der
angebliche Täter vom einzigen Augenzeugen erkannt wird?
Thomas Hochstein
2024-05-20 00:49:11 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Rupert Haselbeck
Der zweite ist der Spleen manchen Richters, sicherstellen zu wollen,
dass ja auch wirklich alles an Ladungen bei den Empfängern ankomme und
seinem Terminplan möglichst keine Störungen durch nicht erschienene
Beteiligte und Zeugen widerfahren mögen
Kann man das denn so sicherstellen? Derjenige kann trotzdem den Termin
vergessen oder absichtlich nicht erscheinen.
Man kann dann zumindest eine Vorführung versuchen. Besonders sinnvoll ist
das alles - unter Abwägung der damit verbundenen Kosten - nicht, weshalb
das jedenfalls hier[tm] auch nicht üblich ist.
Post by Stefan Schmitz
Aber warum klagt die
Staatsanwaltschaft überhaupt eine Tat an, ohne zu wissen, ob der
angebliche Täter vom einzigen Augenzeugen erkannt wird?
Man darf dann wohl davon ausgehen, dass es auf das Wiedererkennen nicht
entscheidend ankommt.

-thh
Thomas Hochstein
2024-05-20 00:49:11 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Am Dienstag und am Samstag habe ich unerwartet je einen gelben Brief
(förmliche Zustellung) erhalten. Am Dienstag die Ladung als Zeuge zu
einer Hauptverhandlung, am Samstag die Umladung auf zwei Wochen später.
Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?
Das ist örtlich vermutlich unterschiedlich; hier ist es das nicht, Zeugen
werden regelmäßig formlos geladen, es sei denn, man befürchtet schon, dass
sie nicht kommen, oder will aus besonderen Gründen ein Errscheinen
sciherstellen.
Post by Stefan Schmitz
Witzig auch, dass als Grund für die Umladung "Verhinderung der Zeugen"
angegeben wird. Wenn jetzt am neuen Termin andere verhindert sind, muss
er vielleicht erneut verschoben werden.
Kommt vor.
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht. Es geht um einen Raubüberfall vor fast 7 Jahren. Einen Täter
konnte ich damals auf Lichtbildern nicht identifizieren. Später hat man
wohl anhand von DNA-Spuren auf einem in Tatortnähe gefundenen Messer
jemanden identifiziert, der an etlichen anderen Taten beteiligt war.
Wohl hauptsächlich wegen dieser anderen Taten steht er vor Gericht. Ob
er auch in meinem Fall dabei war, ist völlig unklar. Was nützt es, wenn
ich die Tat von damals schildere, aber den Täter nicht wiedererkenne?
Nun ja, Du kannst die Tat von damals schildern; das mag relevant sein, was
die Abläufe betrifft.
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.

-thh
--
Liste juristischer Online-Ressourcen: <https://th-h.de/law/lawlinks/>
Gesetzestexte, Rechtsprechung und Fundstellen: <http://dejure.org/>
Gesetze und Verordnungen (deutsches Bundesrecht): <http://buzer.de/>
Freie Rechtsprechungs-Dokumentation (Urteile): <http://openjur.de/>
Martin Gerdes
2024-05-25 22:15:39 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich wundere mich diesbezüglich bei meiner besseren Hälfte immer wieder.
Die kann das offensichtlich, auch über deutlich größere Zeitintervalle.
Marc Haber
2024-05-26 06:02:35 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich wundere mich diesbezüglich bei meiner besseren Hälfte immer wieder.
Die kann das offensichtlich, auch über deutlich größere Zeitintervalle.
Meine sagt, sie würde die Leute am ehesten an ihrer Brille
wiedererkennen. Besonders natürlich, wenn sie ihnen die Brille selbst
angepasst hat.

Das tut sie nun schon seit fünf Jahren nicht mehr.

Grüße
Marc
--
----------------------------------------------------------------------------
Marc Haber | " Questions are the | Mailadresse im Header
Rhein-Neckar, DE | Beginning of Wisdom " |
Nordisch by Nature | Lt. Worf, TNG "Rightful Heir" | Fon: *49 6224 1600402
Siegfrid Breuer
2024-05-26 16:49:00 UTC
Permalink
Post by Marc Haber
Meine sagt, sie würde die Leute am ehesten an ihrer Brille
wiedererkennen. Besonders natürlich, wenn sie ihnen die Brille selbst
angepasst hat.
<Loading Image...>
--
Post by Marc Haber
Nun ist ja die Gruppe hier sowieso eine Muellgruppe,
da kommt auf ein bischen mehr oder weniger Muell nicht an
[Ottmar Ohlemacher in <***@40tude.net>
-> das Wahrheitsministerium raet: <http://www.hinterfotz.de/boese.html> <-
und immer nur ARD+ZDF gucken:

Thomas Hochstein
2024-05-26 20:29:01 UTC
Permalink
Post by Martin Gerdes
Post by Thomas Hochstein
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich wundere mich diesbezüglich bei meiner besseren Hälfte immer wieder.
Die kann das offensichtlich, auch über deutlich größere Zeitintervalle.
Das gibt es wohl, nach beiden Seiten: einmal die Prosopagnosie, zum
anderen dann die sog. "Super Recognizer", die die Polizei seit einigen
Jahren gezielt sucht und schult.

-thh
Martin Gerdes
2024-06-01 07:17:54 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Martin Gerdes
Post by Thomas Hochstein
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich wundere mich diesbezüglich bei meiner besseren Hälfte immer wieder.
Die kann das offensichtlich, auch über deutlich größere Zeitintervalle.
Das gibt es wohl, nach beiden Seiten: einmal die Prosopagnosie, zum
anderen dann die sog. "Super Recognizer", die die Polizei seit einigen
Jahren gezielt sucht und schult.
Jetzt muß man nur noch dafür sorgen, daß an jedem Tatort ein "Super
Recognizer" anwesend ist.

Was Du unten schreibst, war mein Stand der Kenntnis. Ich zähle eher zur
ersten Kategorie, meine bessere Hälfte definitiv zur zweiten. Eben drum
wundere ich mich über Deinen obigen Satz, daß man sich nämlich wundern
würde über einen Zeugen, der eine Person nach Jahren erkennt. Das
Gericht dürfte eine solche Fähigkeit zu verifizieren suchen, aber
sicherlich nicht ausschließen.
Ulf_Kutzner
2024-05-26 08:45:21 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Am Dienstag und am Samstag habe ich unerwartet je einen gelben Brief
(förmliche Zustellung) erhalten. Am Dienstag die Ladung als Zeuge zu
einer Hauptverhandlung, am Samstag die Umladung auf zwei Wochen später.
Da so eine förmliche Zustellung mehr als ein normaler Brief kostet,
frage ich mich, ob da nicht unnötig Geld verschwendet wurde. Ist es
üblich (notwendig, sinnvoll), Zeugen auf diese Art zu laden?
Das ist örtlich vermutlich unterschiedlich; hier ist es das nicht, Zeugen
werden regelmäßig formlos geladen, es sei denn, man befürchtet schon, dass
sie nicht kommen, oder will aus besonderen Gründen ein Errscheinen
sciherstellen.
Post by Stefan Schmitz
Witzig auch, dass als Grund für die Umladung "Verhinderung der Zeugen"
angegeben wird. Wenn jetzt am neuen Termin andere verhindert sind, muss
er vielleicht erneut verschoben werden.
Kommt vor.
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht. Es geht um einen Raubüberfall vor fast 7 Jahren. Einen Täter
konnte ich damals auf Lichtbildern nicht identifizieren. Später hat man
wohl anhand von DNA-Spuren auf einem in Tatortnähe gefundenen Messer
jemanden identifiziert, der an etlichen anderen Taten beteiligt war.
Wohl hauptsächlich wegen dieser anderen Taten steht er vor Gericht. Ob
er auch in meinem Fall dabei war, ist völlig unklar. Was nützt es, wenn
ich die Tat von damals schildere, aber den Täter nicht wiedererkenne?
Nun ja, Du kannst die Tat von damals schildern; das mag relevant sein, was
die Abläufe betrifft.
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Manch Straftat zieht sich. Wenn also der
Täter länger auf den Geschädigten einwirkt...
Stefan Schmitz
2024-06-28 15:30:00 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht. Es geht um einen Raubüberfall vor fast 7 Jahren. Einen Täter
konnte ich damals auf Lichtbildern nicht identifizieren. Später hat man
wohl anhand von DNA-Spuren auf einem in Tatortnähe gefundenen Messer
jemanden identifiziert, der an etlichen anderen Taten beteiligt war.
Wohl hauptsächlich wegen dieser anderen Taten steht er vor Gericht. Ob
er auch in meinem Fall dabei war, ist völlig unklar. Was nützt es, wenn
ich die Tat von damals schildere, aber den Täter nicht wiedererkenne?
Nun ja, Du kannst die Tat von damals schildern; das mag relevant sein, was
die Abläufe betrifft.
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich bin in der Verhandlung gar nicht gefragt worden, ob ich den Täter
wiedererkenne. Sein Gesicht passt zu meiner Erinnerung, aber er kam mir
jünger vor, als er nach meiner damaligen Schätzung hätte sein müssen.
Zu meiner Überraschung hat er sich nach meiner Aussage von sich aus für
die Tat entschuldigt.

Angeklagt war noch eine weitere Tat. Bei der waren die Folgen für die
Opfer massiv (lange Krankheit, Jobverlust, Angstzustände). Diese Tat hat
er abgestritten. Erst mit viel gutem Zureden konnte er dazu überredet
werden, eine irgendwie geartete Beteiligung zuzugeben, um einen
Folgetermin mit Sachverständigem zu seinen DNA-Spuren auf den geraubten
Sachen zu vermeiden.

Richtig krass fand ich, mit wie viel Glück er einer richtig langen
Haftstrafe entkommen ist. Mein Fall war wenige Tage vor seinem 21.
Geburtstag. So konnte er noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.
(Interessanterweise auch für den zweiten Fall, obwohl er zu der Zeit
kein Heranwachsender mehr war.) Wäre das nur ein paar Tage später
passiert, hätte er nach normalem Strafrecht mindestens 5 Jahre bekommen
müssen. Dass reiner Zufall so massive Unterschiede im Strafmaß bewirken
kann, finde ich nicht nachvollziehbar.
Ulf_Kutzner
2024-06-28 15:43:51 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Unklar ist mir, welche Erkenntnis sich das Gericht von meiner Aussage
verspricht. Es geht um einen Raubüberfall vor fast 7 Jahren. Einen Täter
konnte ich damals auf Lichtbildern nicht identifizieren. Später hat man
wohl anhand von DNA-Spuren auf einem in Tatortnähe gefundenen Messer
jemanden identifiziert, der an etlichen anderen Taten beteiligt war.
Wohl hauptsächlich wegen dieser anderen Taten steht er vor Gericht. Ob
er auch in meinem Fall dabei war, ist völlig unklar. Was nützt es, wenn
ich die Tat von damals schildere, aber den Täter nicht wiedererkenne?
Nun ja, Du kannst die Tat von damals schildern; das mag relevant sein, was
die Abläufe betrifft.
Post by Stefan Schmitz
Weil ich nicht sicher war, ob ich ihn nach der langen Zeit noch
wiedererkennen würde, hat die Polizei mir auch keine Bilder mehr
vorgelegt.
Ich sage mal so: wenn Du heute jemanden wiedererkennen würdest, den Du vor
7 Jahren einmalig anlässlich einer Straftat gesehen hast, dann würde man
sich schon sehr wundern.
Ich bin in der Verhandlung gar nicht gefragt worden, ob ich den Täter
wiedererkenne. Sein Gesicht passt zu meiner Erinnerung, aber er kam mir
jünger vor, als er nach meiner damaligen Schätzung hätte sein müssen.
Zu meiner Überraschung hat er sich nach meiner Aussage von sich aus für
die Tat entschuldigt.
Angeklagt war noch eine weitere Tat. Bei der waren die Folgen für die
Opfer massiv (lange Krankheit, Jobverlust, Angstzustände). Diese Tat hat
er abgestritten. Erst mit viel gutem Zureden konnte er dazu überredet
werden, eine irgendwie geartete Beteiligung zuzugeben, um einen
Folgetermin mit Sachverständigem zu seinen DNA-Spuren auf den geraubten
Sachen zu vermeiden.
Sein Verteidiger durfte ihm auch - ggf. in einer Verhandlungspause -
zureden?
Post by Stefan Schmitz
Richtig krass fand ich, mit wie viel Glück er einer richtig langen
Haftstrafe entkommen ist. Mein Fall war wenige Tage vor seinem 21.
Geburtstag. So konnte er noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.
(Interessanterweise auch für den zweiten Fall,
https://www.gesetze-im-internet.de/jgg/__32.html
Post by Stefan Schmitz
obwohl er zu der Zeit
kein Heranwachsender mehr war.) Wäre das nur ein paar Tage später
passiert, hätte er nach normalem Strafrecht mindestens 5 Jahre bekommen
müssen. Dass reiner Zufall so massive Unterschiede im Strafmaß bewirken
kann, finde ich nicht nachvollziehbar.
Irgendwo müssen erstens Grenzen sein, und zweitens
ist das mit Jugendstrafrecht bei Heranwachsenden
kein Automatismus.
Thomas Hochstein
2024-06-28 19:20:19 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Zu meiner Überraschung hat er sich nach meiner Aussage von sich aus für
die Tat entschuldigt.
So schlecht kann der Verteidiger eigentlich gar nicht sein, dass er das
nicht mit ihm eingeübt hat. Aber freilich, ganz spontan und von Reue
getragen. :)
Post by Stefan Schmitz
Richtig krass fand ich, mit wie viel Glück er einer richtig langen
Haftstrafe entkommen ist. Mein Fall war wenige Tage vor seinem 21.
Geburtstag. So konnte er noch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.
(Interessanterweise auch für den zweiten Fall, obwohl er zu der Zeit
kein Heranwachsender mehr war.)
§§ 32, 105 JGG.

Und natürlich liegt das Schwergewicht bei der ersten Tat, auch wenn die
zweite, spätere hier schwerwiegender wirken mag, sonst könnte man den
armen Menschen gar nicht mehr zu einem rechtschaffenen Lebenswandel
erziehen, sondern müsste ihn einfach abstrafen.
Post by Stefan Schmitz
Wäre das nur ein paar Tage später
passiert, hätte er nach normalem Strafrecht mindestens 5 Jahre bekommen
müssen. Dass reiner Zufall so massive Unterschiede im Strafmaß bewirken
kann, finde ich nicht nachvollziehbar.
Naja, beim nächsten Mal trifft die Sanktion dann umso härter.

-thh
Stefan Schmitz
2024-06-28 20:30:52 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Zu meiner Überraschung hat er sich nach meiner Aussage von sich aus für
die Tat entschuldigt.
So schlecht kann der Verteidiger eigentlich gar nicht sein, dass er das
nicht mit ihm eingeübt hat. Aber freilich, ganz spontan und von Reue
getragen. :)
Auch der Verteidiger war überrascht.
Da der Angeklagte in Haft saß, wird es auch nicht so viel Gelegenheit
zum Üben gegeben haben. Und in der anderen Sache hat er sich anders
geäußert als vom Verteidiger angeraten.
Die Staatsanwaltschaft hat es als aufrichtig gewürdigt.
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Wäre das nur ein paar Tage später
passiert, hätte er nach normalem Strafrecht mindestens 5 Jahre bekommen
müssen. Dass reiner Zufall so massive Unterschiede im Strafmaß bewirken
kann, finde ich nicht nachvollziehbar.
Naja, beim nächsten Mal trifft die Sanktion dann umso härter.
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Thomas Hochstein
2024-06-29 07:12:12 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Die Staatsanwaltschaft hat es als aufrichtig gewürdigt.
Alles andere wäre ja auch taktisch eher unklug.
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Naja, beim nächsten Mal trifft die Sanktion dann umso härter.
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Ja, eindringliche Worte reißen es erfahrungsgemäß raus. Blöd halt, dass
vorher nie jemand eindringlich genug gesprochen hat.
Post by Stefan Schmitz
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Ein total überraschender Plottwist. Hoffentlich merkt er sich den
Zeitpunkt des Bewährungsablaufs und kommt erst danach zurück.
Stefan Schmitz
2024-06-29 08:24:47 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Die Staatsanwaltschaft hat es als aufrichtig gewürdigt.
Alles andere wäre ja auch taktisch eher unklug.
Was wäre der Nachteil, wenn sie die Aufrichtigkeit angezweifelt hätte?
Ulf_Kutzner
2024-06-29 07:54:15 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Zu meiner Überraschung hat er sich nach meiner Aussage von sich aus für
die Tat entschuldigt.
So schlecht kann der Verteidiger eigentlich gar nicht sein, dass er das
nicht mit ihm eingeübt hat. Aber freilich, ganz spontan und von Reue
getragen. :)
Auch der Verteidiger war überrascht.
Da der Angeklagte in Haft saß, wird es auch nicht so viel Gelegenheit
zum Üben gegeben haben.
Gerüchteweise werden auch bei U-Haft Verteidigergespräche
ermöglicht.
Post by Stefan Schmitz
Und in der anderen Sache hat er sich anders
geäußert als vom Verteidiger angeraten.
Die Staatsanwaltschaft hat es als aufrichtig gewürdigt.
Post by Thomas Hochstein
Post by Stefan Schmitz
Wäre das nur ein paar Tage später
passiert, hätte er nach normalem Strafrecht mindestens 5 Jahre bekommen
müssen. Dass reiner Zufall so massive Unterschiede im Strafmaß bewirken
kann, finde ich nicht nachvollziehbar.
Naja, beim nächsten Mal trifft die Sanktion dann umso härter.
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Moment, er ist jetzt auf freiem Fuß?

Dann müßte er gar nicht auf Abschiebung warten. Diese erübrigt sich
erfahrungsgemäß, wenn der Betreffende selbst in das Land seiner
Staatsangehörigkeit reist und dort verbleibt.
Stefan Schmitz
2024-06-29 08:22:41 UTC
Permalink
Post by Ulf_Kutzner
Post by Stefan Schmitz
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Moment, er ist jetzt auf freiem Fuß?
Nein, aktuell sitzt er Ersatzfreiheitsstrafe ab.
Post by Ulf_Kutzner
Dann müßte er gar nicht auf Abschiebung warten. Diese erübrigt sich
erfahrungsgemäß, wenn der Betreffende selbst in das Land seiner
Staatsangehörigkeit reist und dort verbleibt.
Ohne Geld geht das schlecht.
Ulf_Kutzner
2024-06-29 08:42:11 UTC
Permalink
Post by Stefan Schmitz
Post by Ulf_Kutzner
Post by Stefan Schmitz
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Moment, er ist jetzt auf freiem Fuß?
Nein, aktuell sitzt er Ersatzfreiheitsstrafe ab.
Ürk. Schwitzen statt Sitzen fand er nicht attraktiv?
Post by Stefan Schmitz
Post by Ulf_Kutzner
Dann müßte er gar nicht auf Abschiebung warten. Diese erübrigt sich
erfahrungsgemäß, wenn der Betreffende selbst in das Land seiner
Staatsangehörigkeit reist und dort verbleibt.
Ohne Geld geht das schlecht.
Es geht da in der Regel nicht um extrem hohe Beträge,
aber wenn sein Vermögen deutlich unter dem Preis des
günstigsten einfachen Tickets liegt und keiner von
seinen Leuten da Geld vorstrecken mag oder kann:
https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckkehrf%C3%B6rderung#R%C3%BCckkehr_ins_Ausland
Stefan Schmitz
2024-06-29 09:06:06 UTC
Permalink
Post by Ulf_Kutzner
Post by Stefan Schmitz
Post by Ulf_Kutzner
Post by Stefan Schmitz
Der Vorsitzende hat ihm eindringlich klargemacht, dass er bei der
kleinsten weiteren Straftat einige Jahre absitzen muss, weil dann die
noch laufenden Bewährungen nacheinander verbüßt werden müssen.
Die Chancen stehen aber gut, dass er vorher (mit seinem
Einverständnis!)
abgeschoben wird.
Moment, er ist jetzt auf freiem Fuß?
Nein, aktuell sitzt er Ersatzfreiheitsstrafe ab.
Ürk. Schwitzen statt Sitzen fand er nicht attraktiv?
Meines Wissens wird diese Option nicht aktiv vorgeschlagen und darum
selten beantragt.
In diesem Fall wäre sie wegen Suchtproblematik vermutlich auch nicht
wirklich erfolgversprechend gewesen.
Post by Ulf_Kutzner
Post by Stefan Schmitz
Post by Ulf_Kutzner
Dann müßte er gar nicht auf Abschiebung warten. Diese erübrigt sich
erfahrungsgemäß, wenn der Betreffende selbst in das Land seiner
Staatsangehörigkeit reist und dort verbleibt.
Ohne Geld geht das schlecht.
Es geht da in der Regel nicht um extrem hohe Beträge,
aber wenn sein Vermögen deutlich unter dem Preis des
günstigsten einfachen Tickets liegt und keiner von
https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCckkehrf%C3%B6rderung#R%C3%BCckkehr_ins_Ausland
Ich fürchte, das wäre sehr viel aufwendiger, als wenn man einfach die
Abschiebung abwartet.
Stefan
2024-07-01 13:48:12 UTC
Permalink
Post by Ulf_Kutzner
Gerüchteweise werden auch bei U-Haft Verteidigergespräche
ermöglicht.
Gerüchteweise tut sich Bayern da sehr schwer.
Es gibt natürlich auch vorbildliche Bundesländer aber in Bayern wird es
vielen Verteidigern sehr schwer gemacht und es kommt häufiger zur
Eskalation (im Floskelbuch vom Deutschen Anwaltsverein sind sogar
Musterbeschwerden zur StPO drin; relativ viele sogar; eine Kanzlei aus
Freilassing hat auch häufiger Probleme)

Irgendwo bei Gießen hatte es mal eine ganze Staatsanwaltschaft zu 100
Prozent in die Befangenheit geschafft. Viel hart an der Grenze zur
Rechtsbeugung.

Ulf_Kutzner
2024-06-29 07:47:53 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Und natürlich liegt das Schwergewicht bei der ersten Tat, auch wenn die
zweite, spätere hier schwerwiegender wirken mag, sonst könnte man den
armen Menschen gar nicht mehr zu einem rechtschaffenen Lebenswandel
erziehen, sondern müsste ihn einfach abstrafen.
Wobei es auch da so etwas wie ein legaldefiniertes Vollzugsziel gibt.
Lesen Sie weiter auf narkive:
Loading...